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Homepage: Von der Vorlesung zum Businessplan Studenten entwerfen Firmenkonzepte

Der Standort der Universität Potsdam im Park Babelsberg ist eine Welt für sich, zu erreichen nur mit dem Bus 964 oder nach einem zwanzigminütigen Fußmarsch vom S-Bahnhof Babelsberg. Der Studentenstrom quillt aus der Bustür und verteilt sich auf die von hohen Bäumen gesäumten Wege.

Der Standort der Universität Potsdam im Park Babelsberg ist eine Welt für sich, zu erreichen nur mit dem Bus 964 oder nach einem zwanzigminütigen Fußmarsch vom S-Bahnhof Babelsberg. Der Studentenstrom quillt aus der Bustür und verteilt sich auf die von hohen Bäumen gesäumten Wege. Die meisten wollen zum Wohnheim, manche aber auch zum Hörsaal. Vor der Tür des Hörsaals wird die Stille des Ortes durchbrochen. Scharen von rauchenden und klönenden Studenten tauschen sich über das Wochenende aus. Es ist Montag, 14 Uhr. Bald beginnt die Vorlesung „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“ bei Professor Wagner, doch heute wird nicht er am Pult stehen, sondern seine Zöglinge. Die Vorlesung folgt nämlich einem neuen Konzept. Die gut 400 Studenten wurden in acht bis zehn Mann starke Gruppen aufgeteilt, die Businesspläne für neu zu gründende Unternehmen entwerfen sollen. Zur Auswahl standen ein Fitnessstudio, eine Filmproduktionsfirma, eine Werbeagentur und ein Drachenbootverleih. Die Studierenden sollen den gelernten Stoff in ihre Pläne einarbeiten und die Ergebnisse anschließend vortragen. Vorlesung und Präsentationen wechseln sich im 14-tägigen Takt ab. Michael Stoffer, der als Tutor die Drachenboot-Unternehmer betreut, findet es schade, diese Art von Vorlesung selbst nicht gehabt zu haben. „Wir hatten nur Frontalunterricht. Außerdem lernt man im Studium eher etwas über große Unternehmen, hier müssen die Studenten auf kleine Firmen umdenken. Und das Tolle ist, dass hier so viele Fachrichtungen zusammenkommen. Da müssen schon mal Sportstudenten mit Regionalwissenschaftlern an einem Unternehmenskonzept tüfteln.“ Professor Wagner eröffnet die Vorlesung und bittet um Ruhe. Der gewöhnliche Vorlesungs-Geräuschpegel stellt sich ein während der erste Referent sich hinter dem Pult aufbaut. Heute ist das Thema Personal dran. Der BWL-Student gehört zu einer Gruppe, die ein Fitnessstudio gründen will. Im rasanten Tempo klickt er sich durch seine Power-Point-Präsentation und erklärt kurz, welche Qualifikationen von Trainern und Geschäftsführern erwartet werden und auf welchem Weg das Personal beschafft werden soll. Kündigungsschutz und Staffelverträge sollen die Motivation erhöhen. Die Zeit ist knapp. Es sind noch drei andere Gruppen dran und dazwischen gibt es Fragen, für die das Publikum die Rolle der potentiellen Investoren übernimmt. Es kommen Kommentare wie „Das ist doch unseriös, mit so einem kleinen Team zu arbeiten. Bei euch würde ich mein Geld nie anlegen.“ Eine Studentin merkt an, dass Kündigungsschutz von Anfang an den Arbeitseifer senke und Staffelverträge nur bei konstant wachsendem Gewinn möglich sind. Was auffällt: alle Firmen wollen Jobs auf 400 Euro-Basis und Stellen für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen anbieten. So wird aber weder die Arbeitslosigkeit sinken noch das Steuerloch gestopft. „Unternehmensgründungen schaffen erst mal Arbeitsplätze für die Gründer und für andere Firmen, mit denen sie zusammenarbeiten“, erklärt Tutor Gundolf Thurm. „Die Uni möchte mehr Gründer hervorbringen und die Leute an Brandenburg binden. Nur so kann ein stabiler Mittelstand wachsen.“ Der Lerneffekt ist vorprogrammiert. „In der Vorlesung trauen sich viele nicht, etwas zu sagen“, weiß die Tutorin Bettina Michl. „Aber in den Gruppen merkt man einen enormen Arbeitseifer.“ Deswegen bietet Professor Wagner seinen Studenten jetzt auch die Möglichkeit, am „Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg“ teilzunehmen. Und dafür gibt es bei der Klausur Zusatzpunkte.Katharina Sekareva

Katharina Sekareva

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