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Landeshauptstadt: Unter „Gentlemen“ zu buchen

Ex-Immobilienmakler Johannes Rey war vier Jahre unauffindbar – jetzt bietet er sich im Internet an

Ex-Immobilienmakler Johannes Rey war vier Jahre unauffindbar – jetzt bietet er sich im Internet an Von Sabine Schicketanz Mehr als vier Jahre hat das Potsdamer Amtsgericht versucht, Johannes Rey zu einem Strafverfahren vorzuladen. Doch es gab keine Zustelladresse. Der Mann aus dem hessischen Oberursel, mit dessen Namen sich in der Landeshauptstadt ein millionenschwerer Bau- und Immobilienskandal verbindet, befand sich zumindest für das Gericht an einem „unbekannten Aufenthaltsort“. Jetzt aber lässt sich ein Treffen mit Johannes Rey ganz einfach über das Internet buchen: Unter dem Namen „Giova“ bietet Rey sich offensichtlich bei der „FunkySoft Begleitagentur“ an. Event-Begleitungen, Alibipartner-Vermittlung, Urlaubs- und Freizeitbegleitung sowie internationale Reisepartnervermittlung sind nach eigenen Angaben die Spezialgebiete von „FunkySoft“. Unter der Rubrik „Gentlemen“ findet sich im Internetauftritt der Agentur das Foto, das Johannes Rey 1998 stadtweit plakatierte, um sich von den Potsdamern in den Bundestag wählen zu lassen – was ihm nicht gelang. Den Interessenten des Begleitservice teilt Rey nun mit, er lebe „an drei Orten in Europa“, namentlich in Potsdam, im italienischen Sirmione und im Raum Frankfurt am Main, sei mit 51 Jahren „flexibel und fit“. Als „ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender von Unternehmen mit renommierten Kunden im In- und Ausland“ verfüge er über „ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Vertrauenswürdigkeit“. Er sei bereit, mit einer „motorradbegeisterten Dame“ Kawasaki oder Harley Davidson zu fahren, sei ein „eloquenter Begleiter“ auf Messen, als Alibi- oder Tanzpartner auch ganzjährig zu buchen. Die Kosten: 250 Euro für die Mindestbegleitdauer von vier Stunden, 600 Euro für einen Tag, 3500 Euro pro Woche – diese Preise veröffentlicht „FunkySoft“ im Internet. Die Personen, die der Begleitservice vermittle, seien „authentisch“, versicherte der Geschäftsführer der Agentur gestern auf Nachfrage. Sie müssten sich schriftlich bewerben, es lägen Lebenslauf und Referenzen von jedem vor. „Wir prüfen, wer für uns arbeitet.“ Es stehe jedem frei, sich mit einem „Wunschnamen“ im Internet einzutragen. Die Fotos zeigten aber die reale Person. Nach Potsdam gekommen war Rey 1996. Er erwarb vier Villen am Heiligen See, darunter auch die Villa Kellermann in der Mangerstraße 34-36. Pächter des Hauses war schon zu dieser Zeit Maximilian Dreier, Gastronom des Restaurants Villa Kellermann. Gegen ihn richteten sich ab 1998 vielerlei Attacken und Schikanen, die Rey nur teilweise nachgewiesen werden konnten. Eine Baugrube um die Villa und zubetonierte Toiletten gehörten dazu. Reys Motiv: Er wollte in der Villa eine Spielbank einrichten, Pächter Dreier sollte ausziehen. 2001 verschwand Rey von der Potsdamer Bildfläche – da ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn, es ging um Betrug und Unterschlagung bei seinen Häusern in der Mangerstraße 37 und 39. Bei seiner Hausbank hatte Rey damals angeblich Schulden in Millionenhöhe. Rund zwei Dutzend Gerichtsverfahren haben Rey und Dreier gegeneinander geführt, ein im Jahr 2001 begonnenes soll nun am 25. Februar vor dem Amtsgericht endlich zu einem Ende kommen – wie Gerichtssprecher Wolfgang Peters gestern bestätigte. Dieses Mal habe das Amtsgericht Rey über einen „zustellungsbevollmächtigten Rechtsanwalt“ vorladen können. Die Villa Kellermann indes wurde Ende 2002 unter Zwangsverwaltung gestellt. Am 18. Februar wird mit ihr das letzte öffentliche Gebäude am Heiligen See vom Amtsgericht zwangsversteigert. Der Verkehrswert: 2,1 Millionen Euro.

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