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Landeshauptstadt: „Spritz“ und Ciao

Erst drei Monate Praktikum in Vicenza / Jetzt will der Klempner Oliver Henke ganz nach Italien

Am 28. Januar wird sich Oliver Henke auf die weite Reise Richtung Süden machen: 18 Stunden mit dem Zug hat sie beim letzten Mal gedauert, erinnert sich der 21-jährige Potsdamer. Ziel: Die italienische Stadt Vicenza. Denn dort, zwischen Venedig und Verona, absolvierte der Gas- und Wasserinstallateur Ende vergangenen Jahres ein dreimonatiges Praktikum im Rahmen des EU-Programms Leonardo. Dem Klempner hat es in der 110 000-Einwohner-Stadt so gut gefallen, dass er noch einmal für drei Monate bei seinem italienischen Betrieb arbeiten wird: „Vielleicht länger“, hofft er.

Dann will er sich auch die Zeit nehmen und seinem Kollegen Claudio deutsch beibringen, erzählt der Potsdamer. Denn Claudio spricht, wie alle seine Kollegen in Vicenza, nur zwei Sprachen: „Italienisch und italienischen Dialekt“. Deshalb gab es in den ersten Wochen auch Sprachprobleme, erinnert sich Henke. Unterwegs bei Kunden, für die er Wasserrohre reparierte oder Waschbecken anmontierte, verstand er kaum ein Wort. Als sein Chef sich dafür entschuldigte, dass er ihn wegen der Winterzeit nur zu Wartungsaufträgen in private Haushalte schicken konnte, war Henke buchstäblich sprachlos: „Ich wollte ihm sagen, dass er sich dafür nicht entschuldigen braucht“, erzählt er. „Aber ich konnte es nicht.“

Mit der italienischen Lebensart hat es dann aber schnell geklappt: Halb acht fängt der Arbeitstag in Vicenza an, für Henke ist das „spät“. Die Italiener seien „nicht so hektisch wie hier, aber schaffen tun sie trotzdem“, so die Einschätzung des Potsdamers. Mit seinen Mitbewohnern, ebenfalls deutschen Austausch- Handwerkern, aß er „den ersten Monat nur Nudeln“. Nach Feierabend saß er im Café und trank Cappuccino oder „Spritz“. Die Weißweinschorle mit einem Schuss Aperitiv ist das In-Getränk bei den italienischen Jugendlichen, erzählt Henke. Und irgendwann ging ihm auch das „Ciao“ und die Bestellung auf italienisch problemlos über die Lippen. „Ich habe nicht ein Mal Heimweh gehabt, obwohl ich das erste Mal so lange von zuhause weg gewesen bin.“ Von Kollegen und Kunden habe er während seines Aufenthaltes „nur positive Reaktionen“ erfahren.

In der Landeshauptstadt hält ihn jetzt nichts mehr. „Ich habe mir schon immer gesagt, ich will raus aus Deutschland“, sagt der geborene Henningsdorfer. Einen Job in Potsdam hat er nicht gefunden. „Im Ausland suchen sie halt.“ Als er im Februar 2006 seine dreieinhalbjährige Ausbildung in Babelsberg beendete, erfuhr er von dem Austauschprogramm, das die Handwerkskammer Potsdam organisiert. Henke bewarb sich und wurde genommen. Dass ihm der italienische Betrieb jetzt ein Nachfolge-Praktikum angeboten hat, sieht Henke als Chance: Selbst wenn es mit der festen Anstellung nichts wird, will er sich von seinen Kollegen bei der Arbeitssuche und beim Bewerbung schreiben helfen lassen. JaHa

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