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Landeshauptstadt: Räuber aus dem Dunkeln

Zum ersten Mal Überfall auf Friseurgeschäft / Polizei bittet um Hinweise

Zum ersten Mal Überfall auf Friseurgeschäft / Polizei bittet um Hinweise Von Günter Schenke Der dunkel gekleidete Mann steht bewegungslos und schaut durch das Fenster des Friseursalons in der Geschwister-Scholl-Straße. In der Dunkelheit ist er aus dem Inneren des Ladens nicht zu sehen. „Wir nahmen zunächst an, es ist ein Kunde“, berichtet die Friseuse. Der schwarz Gekleidete hatte das Geschäft am 12. Dezember gegen 19.20 Uhr betreten – vielleicht der letzte Kunde heute, denken die Friseusen. Die Kollegin an der Kasse mit den Tageseinnahmen in der Hand glaubt an einen Scherz, als der junge Mann mit dem ins Gesicht gezogenen Basecape sie barsch auffordert. „Gib die Kohle her.“ Dann geht alles sehr schnell. Der Räuber zieht eine Pistole, drängt die junge Frau an die Wand und entreißt ihr das Geldbündel, das sie hinterm Rücken festgehalten hatte. Anschließend sucht er das Weite im Straßendickicht der Brandenburger Vorstadt. Eine der Angestellten des Friseursalons rennt hinterher und sieht den jungen Mann im Dunkel der Nansenstraße verschwinden. Die unmittelbar nach dem Überfall alarmierte Polizei ist sehr schnell vor Ort, sperrt ab, durchkämmt das Viertel – doch ohne Erfolg. 700 Euro beträgt die Beute. Ein günstiger Umstand an diesem Tag: Die Sparkassenfiliale in der Nansenstraße ist geschlossen, so dass vor Geschäftsschluss mehr Geld in der Kasse ist, als an anderen Abenden. Obwohl die beiden Frauen, 52 und 46 Jahre alt, während und nach dem Überfall wie gelähmt sind, können sie den Täter beschreiben: ein schlanker Bursche mit einem Schnauzbärtchen, kein Hüne – vielleicht 170 Zentimeter groß, 18 bis 20 Jahre alt mit dunkelblonden kurzen Haaren. „Das ist ein Deutscher, der spricht wie einer aus der Gegend hier“, sind sich die beiden überfallenen Frauen einig. Und: „Das war jemand, der sich hier mit den örtlichen Gegebenheiten auskennt“. Eine Woche später lässt die Potsdamer Polizei ein Phantombild mit Hilfe der Zeugin an der Kasse, die den Mann aus nächster Nähe sah, anfertigen. Gestern verbreitete sie das Bild über die Medien. „Menschen, die bedroht werden, stehen unter Schock“, weiß Reinhard Kramer aus Erfahrung. Der Kriminalhauptkommissar leitet das Kommissariat Eigentum im Schutzbereich Potsdam. Viele Zeugen stünden so stark unter dem Eindruck des Überfalls, dass sie oft nur wenige für eine Fahndung nutzbare Angaben machen können. Für die unmittelbare Ortsbereichsfahndung seien genaue Beschreibungen der Bekleidung wichtig. Unschätzbar sind Angaben über Tätowierungen an den Händen und das Tragen von Ohrringen. Oft ergeben sich dadurch im Zusammenhang mit anderen Straftaten oder durch Sichtung des Datenpools der Polizei Möglichkeiten der Aufklärung. Nicht immer gelingt es der Polizei, unmittelbar nach dem Überfall ein Phantombild zu veröffentlichen. Erst einmal müssten die Zeugen für die notwendigen Angaben zur Verfügung stehen. Das fertige Bild müsse ferner dem Staatsanwalt zur Kenntnis gegeben werden, für die Veröffentlich bedarf es eines richterlichen Erlasses. Der Raubüberfall in der Geschwister-Scholl-Straße war der erste auf ein Friseurgeschäft. Bei der Suche nach dem Täter tappt die Polizei im Dunkeln. Sie hofft auf Hinweise aus der Bevölkerung. Wie Kramer berichtet, gehören Raubüberfälle ähnlicher Art in Potsdam eher zu den seltenen Straftaten. Innerhalb der letzten zwei Jahre seien es fünf Fälle gewesen; bei 300 „Neuanfällen“ pro Monat ein verschwindender Prozentsatz. Anders als bei Raubüberfällen kann das Kommissariat bei Einbrüchen in Wohnungen und Betrieben auf beachtliche Aufklärungserfolge verweisen. So konnte eine fünfköpfige Bande, die es bei über siebzig Straftaten vor allem auf Computertechnik abgesehen hatte, dingfest gemacht werden. „Es handelt sich ausnahmslos um Deutsche, alle sind in Haft“, berichtet Reinhard Kramer. Welches Verhalten ist bei einem Raubüberfall das richtige? „Nicht handeln“, rät Kramer. Geld sei zu ersetzen. Menschenleben nicht. Niemand, auch kein Polizist, könne wissen, ob ein vorgehaltener „pistolenähnlicher Gegenstand“ eine scharfe Waffe, eine Schreckschusspistole oder eine Attrappe sei. Der Kriminalhauptkommissar appelliert aber an ganz normale Vorsichtsmaßregeln wie darauf, die Tür abzuschließen, bevor die Tageseinnahmen gezählt werden.

Günter Schenke

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