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Landeshauptstadt: Pflege mit der „silbernen Axt“

Kapellenberg: Robinien und Spitzahorne müssen weichen – Sicht vom Alexandrowka-Dorf zur Kirche wird hergestellt

Kapellenberg: Robinien und Spitzahorne müssen weichen – Sicht vom Alexandrowka-Dorf zur Kirche wird hergestellt Von Günter Schenke Nauener Vorstadt - 15 Robinien und 9 Spitzahorne fallen auf dem Kapellenberg der „silbernen Axt“ zum Opfer. Mit dem Ausdruck „silberne Axt“ will Stadtkonservator Andreas Kalesse ausdrücken, dass es sich um dringend notwendige Pflegearbeiten des 180 Jahre alten Gartendenkmals handelt. „Die Fällungen sind als mittelfristige Maßnahme vorgesehen, so dass nicht standortgerechte Gehölze im Bereich der Sichtbeziehungen zur Russischen Kolonie-Dorfanlage, zur Nikolaikirche und zum Flatowturm entfernt werden“, heißt es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Die Rechtmäßigkeit der Fällungen sind nach allen nur denkbaren Seiten hin abgesichert: Untere Naturschutzbehörde, Bereich Grünflächen der Stadtverwaltung, Landesumweltamt und Naturschutzbeirat. Der Kapellenberg ist ein Kind der Eiszeit. Doch „glatt wie ein Kinderpopo“ war er in den Jahren 1826/1827, als die Russische Kolonie Alexandrowka entstand, längst nicht mehr. Kalesse berichtet über die bewegte Geschichte des Berges, der lange als militärisches Übungsgelände diente und daher bis zu seiner Urbarmachung „Minenberg“ hieß. Hier übten die preußischen Soldaten das Unterminieren von Festungswällen. Um Breschen in Befestigungsanlagen zu schlagen, wurde sie entweder mit Kanonen beschossen oder Mineure gruben aus einem Versteck heraus unterirdische Gänge, die sie mit einer Sprengladung versahen, um die Festung in die Luft zu jagen. Auf dem Kapellenberg übten sie diese Technik, die ihre Narben hinterließ. Bäume konnten hier schon gar nicht wachsen. Auf alten Ansichten des Kapellenberges mit der Alexander-Newski-Gedächtniskirche sind frisch angepflanzte Bäumchen zu sehen. Peter Joseph Lenné ließ Buchen, Linden und Hainbuchen setzen und so entstand ein Eichen-Hainbuchenwald, wie ihn heutige Pflanzensoziologen bezeichnen. Um diese Schöpfung wieder hervortreten zu lassen, findet schon seit Jahren ein Gehölzschnitt statt. Grundlage hierfür ist ein so genanntes Parkpflegewerk, das die Denkmalpfleger im Jahre 2001 mit Förderung der Bundesstiftung Umwelt erarbeiteten. Nach Fällungen müssen laut Gesetz an anderer Stelle Neupflanzungen stattfinden. Als Ausgleich kommen hundert Hainbuchen- und Eichensträucher in die Erde. Erst nach dem Freischlagen kann sich der natürliche Bewuchs aus Gräsern, Efeu und Untergebüsch wieder entwickeln. „Wir müssen etwas tun, um den Rest der alten Bäume zu erhalten“, sagt der Denkmalpfleger und erwähnt, dass noch zwei Eichen aus der Lennéschen Zeit erhalten sind. Eine steht in der Nähe des Königlichen Landhauses am beliebtesten Sitzplatz Friedrich Wilhelms III., eine zweite am Abhang zum Pfingstberg. Leider hat sich der alte Bestand nicht überall erholt. So sind die Jahre der Buchen am Westhang gezählt. „Sie gehen scheibchenweise kaputt“, sagt Kalesse. Der Denkmalpfleger ist besonders stolz, dass es gelungen ist, im Alexandrowka-Dorf die historischen Obstgärten wieder herzurichten. 550 alte Obstsorten gibt es hier – ein einmaliger Schatz. Das sei nicht nur eine denkmalpflegerische Leistung sondern auch eine biologische, denn dadurch würden die Genressourcen der ansonsten nur noch selten oder gar nicht anzutreffenden Obstsorten gerettet. Unter den Äpfeln gibt es hier nicht nur die mittelalterliche Borsdorfer Renette, sondern auch den „Alexanderapfel“, benannt nach Zar Alexander I., zu dessen Gedenken der Preußenkönig die Alexandrowka anlegen ließ. Der Kapellenberg hieß zur Gründerzeit der Kolonie daher Alexanderberg.

Günter Schenke

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