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So könnte die Synagoge auch aussehen: Rabbiner Nachum Pressman zeigt Alternativ-Überlegungen Ud Joffes auf der Basis des Architektur-Entwurfes von Jost Haberland.

© M. Thomas

Von Guido Berg: Neuer Vorstoß der Synagogen-Kritiker

Bauverein: Zahlreiche Anträge auf Mitgliedschaft im Vorfeld der Vollversammlung am Donnerstag

Innenstadt - Vor der Vollversammlung des Potsdamer Synagogenbauvereins am Donnerstag dieser Woche gingen bei Vereinsgeschäftsführer Lars Eike Strobel zahlreiche neue Mitgliedsanträge ein. Nach PNN-Informationen handelt es sich um etwa 85 Neuanträge, etwa zur Hälfte von nicht-jüdischen Potsdamern und von Mitgliedern der Synagogengemeinde. Sollten diese Anträge bis Donnerstag zur Vereinsaufnahme führen, dürften sich die Mehrheitsverhältnisse im derzeit 110 Mitglieder zählenden Bauverein deutlich verschieben. Nach dem der bisherige Vereinsvorsitzende Horst Mentrup (SPD) nicht wieder antritt, kandidiert Stadtverordnetenpräsident Peter Schüler (Bündnisgrüne) für den Vorstandsvorsitz. Schüler gilt wie Mentrup als Befürworter des heftig umstrittenen Synagogenentwurfes des Architekten Jost Haberland.

Bei den antragstellenden Personen handelt es sich um Bürger aus nahezu allen Berufszweigen – Rechtsanwälte, Ärzte, Künstler, Rentner, eine Richterin, ein Meteorologe. Sie alle eint nach Aussage eines Vereinsmitglieds eine kritische Haltung zum Synagogenentwurf der Berliner Architekten Haberland. Ihr Ziel ist „ein ehrliches Moratorium“, so eine Entwurfskritikerin gegenüber den PNN. In kreativen Workshops sollte ein Kompromiss im Synagogen-Streit gefunden werden. Der Vorsitzende der Synagogengemeinde Ud Joffe sagte gestern vor Gemeindemitgliedern: „Wir hoffen auf gute Antworten hinsichtlich der Außenwirkung und der Inhalte der Synagoge.“ Noch offen ist, ob aus der Gruppe der Antragsteller auch Personen für den Vereinsvorstand kandieren oder sich sogar ein Gegenkandidat für den Vereinsvorsitz findet.

Haberland hatte 2009 den Architekturwettbewerb für die neue Synagoge in der Schlossstraße gewonnen. Der Entwurf ging aus Sicht vieler Kritiker deshalb als Sieger hervor, weil er sich streng an die Vorgaben hielt. Im Gegensatz zu anderen Architekten plante Haberland exakt auf dem kleinen Grundstück Schlossstraße 1. Andere Architekten überplanten stattdessen die als repräsentativer geltende Ecke Schlossstraße/Friedrich-Ebert-Straße. Gleichsam folgte Haberland strikt dem Raumkonzept, welches zahlreiche Büros und folglich einen von jüdischen Kritikern des Entwurfes als zu klein angesehenen Gebetssaal enthält. Befürworter halten dem entgegen, dass viele Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Potsdam kaum religiös seien und weniger eine Synagoge, sondern ein Gemeindezentrum brauchten. Mitglieder der Bürgerinitiative Mitteschön bemängeln die geringe äußere Attraktivität der Architektur und die geringe Erkennbarkeit als jüdisches Gotteshaus.

Bereits im Vorfeld der letzten Vollversammlung des Bauvereins hatten Potsdamer, darunter Juden um den aus Israel stammenden Dirigenten Joffe, versucht, Mitglieder des Bauvereins zu werden. Dies war von Mentrup abgelehnt worden, der von den Antragstellern ein schriftliches Bekenntnis zur Haberland-Synagoge als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft verlangte. Daraufhin eskalierte die Situation: Joffe wurde der Zutritt zur Vollversammlung verweigert; Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Schulze-Eggert sprach gegenüber den PNN vom „Versuch einer feindlichen Übernahme“ des Vereins. Obwohl Joffe Änderungen auf der Basis der Haberland-Synagoge vorschlug, scheiterten später Vermittlungsbemühungen des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), worauf Platzeck in einer Pressemitteilung kategorisch erklärte, die Haberland-Synagoge werde gebaut. Joffe hat im Zuge dessen zusammen mit dem Rabbiner Nachum Presman die Synagogengemeinde Potsdam gegründet, die mittlerweile etwa 100 Mitglieder hat. Es gilt als äußerst fraglich, ob diese neue Gemeinde mit Sitz in der Hans-Thoma- Straße etwas mit einer Synagoge zu tun haben will, an deren Konzipierung sie sich nicht beteiligen durfte. Der Baubeginn der Synagoge ist für Juni 2011 vorgesehen. Bauherr ist der Bauverein, die Bauplanung hat das Brandenburgische Amt für Liegenschaften und Bauen (BLB). Die Baukosten von etwa 5,3 Millionen Euro übernimmt das Land Brandenburg.

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