zum Hauptinhalt

Links und rechts der Langen Brücke: Lobe das Unabänderliche

Guido Berg über die Haltung der Architekten und Obergutachter zum geplanten Erhalt der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam

Man reibt sich die Augen und schüttelt sich: Die Architekten der Planungswerkstatt Potsdamer Mitte und die Obergutachter loben die „Qualität“ der Architektur der Stadt- und Landesbibliothek. Das Gebäude aus DDR-Zeit soll erhalten und in ein Ensemble von Neubauten integriert werden. Diese Pläne begründen sie, als wäre die Entscheidung zum Erhalt des Quaders ihre ureigenste gewesen – und zwar aus fachlich-ästhetischen Gründen. Das war sie aber keineswegs. Der Erhalt der Bibliothek war eine Vorgabe der Stadt, der Stadtverordneten-Beschluss für eine Sanierung war bereits vor dem Beginn der Planungswerkstatt gefällt. Bei einem ersten Rundgang mit der Baubeigeordneten wurden die Teams der Planungswerkstatt von ihr explizit darauf hingewiesen. Die Gründe hierfür sind klar: Land und Stadt haben kein Geld für den Bau einer neuen Bibliothek. Warner sagen, ist die Bibliothek erst weg, kommt sie auch nicht wieder. Man möchte nun gern Mäuschen spielen in einem Paralleluniversum, in dem alles genau so ist wie in unserer Welt – mit einem Unterschied: Der Planungswerkstatt ist nicht der Erhalt der Bibliothek, sondern deren Abriss und die Schaffung eines Neubaus vorgeschrieben. Wie verhalten sich die Architekten nun? Ketten sie sich an die Abrissbirne, um den phantasielosen Bau zu retten? Drücken sie ihr Bedauern aus gegen den Kulturfrevel, eine baugeschichtliche Zeit – die zwischen 1949 und 1990 – vollkommen aus dem Stadtbild zu tilgen? Wir werden es nie erfahren. Unterstellen darf man aber der Architektenzunft, dass es zur größten Lust ihres Berufes gehört, eine neue Bibliothek zu entwerfen. Einen Ort des Geistes und der Bildung einen baulichen Rahmen zu geben, ist das Größte. Ein Blick nach Cottbus zeigt, dass die moderne Architektur gerade bei Bibliotheken ihre Stärken ausspielen kann. Der spektakuläre Bau der Technischen Universität Cottbus scheint völlig ohne Lineal entworfen zu sein – ganz im Gegensatz zum Potsdamer Nutzwertwürfel. Doch was machen unsere Architekten von der Potsdamer Mitte? Sie beklatschen, was sie nicht ändern können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false