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Landeshauptstadt: „Kommt der Vertrag, dann ist die Privatisierung vom Tisch“

Verkehrsfinanzierungsvertrag soll der „Verkehrsbetrieb in Potsdam GmbH“ fünf Jahre Sicherheit geben

Verkehrsfinanzierungsvertrag soll der „Verkehrsbetrieb in Potsdam GmbH“ fünf Jahre Sicherheit geben Martin Weis betrachtet die bedruckten Blätter, die aus dem Tintenstrahldrucker auf seinem Schreibtisch gleiten. „Das ist der Entwurf des Verkehrsfinanzierungsvertrages“, erklärt der Geschäftsführer der Verkehrsbetrieb in Potsdam GmbH (ViP). „Das Papier schreibt die Modalitäten für die Finanzierung des Unternehmens bis zum Jahre 2009 fest.“ Einzelheiten will Weis nicht nennen, denn der Vertrag befindet sich noch in der Verhandlung. Die Partner sind neben der ViP die Stadtwerke und die Stadt Potsdam. Dem Geschäftsführer ist klar beziehungsweise durch den Aufsichtsratsvorsitzenden und Stadtkämmerer Burkhard Exner klar gemacht worden: In der bisherigen Höhe geht es mit den Zuschüssen aus dem Stadtsäckel nicht weiter. Neun bis zehn Millionen Euro kamen Jahr für Jahr aus dieser Quelle. Künftig könnten es nur noch drei Millionen sein. Lutz Kurras, in der Stadtverwaltung für die städtischen Betriebe zuständig, will diese Zahl nicht bestätigen. „Der Vertrag ist noch in der Abstimmung“, begründet er seine Zurückhaltung. Das Ziel sei jedoch, alle Möglichkeiten der Kostensenkung zu nutzen, „denn es geht nicht an, immer mehr Steuermittel in den Verkehrsbetrieb reinzupumpen.“ Der Verkehrsfinanzierungsvertrag soll rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. In die Stadtverordnetenversammlung bringt ihn die Verwaltung im Februar ein. Wenn alles gut geht, könnte er im März beschlossen werden. „Der Vertrag gibt uns Sicherheit“, meint Betriebsratsvorsitzender Hans-Rainer Hasselmann. Sicherheit für fünf Jahre. „Fünf Jahre, das ist heutzutage schon viel“. „Radikalkur oder das Aus“ – auf diese Formel hatte Burkhard Exner die Notwendigkeit für die drastischen Kürzungen gebracht. Und von der Geschäftsführung der ViP kam das „Angebot“, den immensen Betrag von 6,5 Millionen Euro pro Jahr einsparen zu wollen. „Die eine Hälfte haben wir bereits geschafft“, bemerkt Weis und erwähnt Maßnahmen beim Marketing, bei der Organisation und im Fuhrpark. Fünf Busse habe er verkauft, die Abläufe in der Werkstatt verbessert und dadurch 3,5 Millionen Euro gespart. Der schwierigste Teil aber steht noch bevor: Die Entlassung von zirka 20 Prozent der Belegschaft. Im Januar findet hierfür die Sozialauswahl statt. Trotz Abfindungen will die ViP dadurch weitere drei Millionen Euro einsparen. Auswirkungen auf das ViP-Angebot soll dieser Aderlass nicht haben. „Wesentlich ist der Kunde“, erläutert Lutz Kurras und versichert, dass die ViP auch künftig eine „ordentliche Leistung“ bringen werde. „Es wird alles ein bisschen härter“, räumt er ein. Zum Beispiel würden die Bereitschaftszeiten verringert. Offenbar hält Potsdam mehr Fahrzeuge vor als deutschlandweit üblich ist. Ein Kostenfaktor. Andererseits müssen finanzielle Rückstellungen für neue Fahrzeuge erfolgen. Nachdem der Vertrag zur Lieferung weiterer Combino-Niederflurbahnen bekanntlich wegen der an den Fahrzeugen aufgetretenen Schäden geplatzt ist, muss die ViP über kurz oder lang neue Niederflurbahnen ordern oder die nahezu abgeschriebenen Tatra-Züge umrüsten lassen. Um die Entscheidung darüber hat sich der Aufsichtsrat bisher herumgedrückt. Ausgangspunkt der Radikalkur sind unter anderem die Ergebnisse der so genannte Portfolio-Analyse, welche die Stadt in Auftrag gegeben hat. Mit dem italienischen Wort „Portfolio“ wird umschrieben, dass es um Geld und Wirtschaftlichkeit geht. Lutz Kurras nennt die zusätzlichen Zwänge aus der europäischen Gesetzgebung und sagt: „Wenn der Verkehrsfinanzierungsvertrag zustande kommt, ist die Privatisierung vorerst vom Tisch.“

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