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Homepage: Knochenharte Erkenntnisse aus Golm Sehnen bestehen aus zwei Arten von Faserbündeln

Anhand von Truthahnsehnen haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam in Kooperation mit Medizinern aus Wien und Materialwissenschaftlern aus Triest jetzt den Beweis erbracht, dass mineralisierte Sehnen aus zwei verschiedenen Sorten von Faserbündeln bestehen. Während mineralisierte Fasern dem Material Steifigkeit verleihen, verhindern weiche Fasern einen frühzeitigen Bruch.

Anhand von Truthahnsehnen haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam in Kooperation mit Medizinern aus Wien und Materialwissenschaftlern aus Triest jetzt den Beweis erbracht, dass mineralisierte Sehnen aus zwei verschiedenen Sorten von Faserbündeln bestehen. Während mineralisierte Fasern dem Material Steifigkeit verleihen, verhindern weiche Fasern einen frühzeitigen Bruch. Die Untersuchung von sich dehnenden Sehnen im Röntgenlicht am Synchrotron zeigte, dass sich die Kollagenfasern, die elementaren Bausteine von Sehnen und Knochen, ungleichmäßig verformen. Zusammen mit Wissenschaftlern aus Grenoble entstand zudem ein Computermodell für den Knochenumbau, mit dem man Hypothesen überprüfen sowie die Alterung und verschiedene Krankheitsszenarien im Computer simulieren kann. Hierbei zeigte sich, dass bereits geringe Veränderungen im biologischen Regelmechanismus große Auswirkungen auf die Struktur des Knochens haben können. Diese Erkenntnisse könnten für Osteoporose und deren Therapie von großer Bedeutung sein. Beide Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ (8. Oktober und 26. November 2004) veröffentlicht. Die mechanischen Eigenschaften von Knochen werden durch ihren komplexen hierarchischen Aufbau bestimmt. Hierarchie bedeutet in diesem Zusammenhang, vergleichbar einer russischen Matroschka-Schachtelpuppe, dass Untersuchungen auf immer kleineren Längenskalen ständig neue Strukturen zu Tage bringen. Beispiele im Knochen sind schaumartige, lamellare und Komposit-Strukturen. Die gegenseitige Beeinflussung dieser Unterstrukturen ist eine große Barriere, um die Mechanik des Knochens besser verstehen zu können. Die mineralisierte Truthahnsehne hat einen Knochen-ähnlichen, aber einfacheren Aufbau. Das Grundmaterial Kollagen findet man dort in Form von weichen, organischen Fasern und verstärkt durch steife, anorganische Mineralpartikel genau wie im Knochen. Hingegen ist die Anordnung im Wesentlichen eindimensional, da sich Kollagenfasern zu Kollagenbündeln und schließlich zur Sehne in jeweils parallelen Anordnungen zusammenschließen. Das erleichtert die Interpretation von Messergebnissen an Sehnen erheblich. In den Experimenten an der Sychrotronquelle ELETTRA in Triest wurde eine Truthahnsehne im Röntgenstrahl gedehnt und simultan die Streuung des Strahls an der Sehne gemessen. Durch die periodische Anordnung der Kollagenmoleküle kommt es im Streusignal zu so genannten Bragg-Reflexen. Die Aufspaltung dieser Reflexe bei großer Dehnung der Sehne zeigt, dass sich diese überraschenderweise nicht gleichmäßig verformt, sondern offenbar aus zwei Komponenten besteht. Während die eine Komponente stark gedehnt wird, bleibt die andere ungedehnt. In Kombination mit Untersuchungen am Elektronenmikroskop ergibt sich folgender Befund: Die mineralisierte Truthahnsehne ist ein Komposit, bestehend aus Faserbündeln mit stärkerer Versteifung durch Mineralpartikel sowie aus Bündeln, die wegen ihrer geringeren Mineralisierung weicher und daher dehnbarer sind. Wird die Sehne gedehnt, sorgt die hoch mineralisierte Komponente für eine hohe Steifigkeit bei kleinen Dehnungen. Bei größerer Dehnung brechen diese spröden Faserbündel jedoch und relaxieren in einen ungedehnten Zustand zurück. Die Last muss nun von den weicheren Fibrillen getragen werden, die allerdings äußerst dehnbar sind und somit den strukturellen Zusammenhalt der Sehne gewährleisten. Ein einfaches Zusatzexperiment unterstrich die Richtigkeit der Interpretation: Wird eine Sehne über den Punkt gedehnt, an dem die spröden Faserbündel brechen, und dann entlastet und erneut belastet, sollten die gebrochenen Fasern nicht mehr zur Steifigkeit beitragen. Genau diese signifikante Reduktion der Steifigkeit der Sehne haben die Forscher auch beobachtet. KS/PNN

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