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Landeshauptstadt: Kleine Frau, große Gefühle

Sabrina Setlur begeisterte das Publikum beim Fritz-Studiokonzert

Sabrina Setlur begeisterte das Publikum beim Fritz-Studiokonzert Von Karsten Sawalski Sabrina Setlur hat ein Imageproblem. Als Rapperin sei sie in letzter Zeit zu „schickimickimäßig“ aufgetreten, sagen die jungen Leute in der Redaktion. Diese Jet-Set-Geschichten, wie die angebliche Liebes-Affäre mit Boris Becker, passe nicht zu ihrem Gassenlyrik-Hip-Hop-Stil. Das Wort „Arroganz“ fällt oft im Zusammenhang mit der deutschsprachigen Rapperin. „Sabrina polarisiert“ scheint wirklich kein inhaltsleerer Werbespruch einer Künstleragentur zu sein. Zum Fritz-Studiokonzert am Dienstagabend kommen die Besucher jedenfalls nicht unvoreingenommen. Zumal sie die Eintrittskarten beim Jugendradio gewonnen haben. Unter den 100 Besuchern, die den einzigen Gig der deutschen Hip-Hop-Queen in diesem Winter erleben, stehen einige, die einfach neugierig sind. Und sie werden nicht enttäuscht. „Ich war angenehm überrascht“, sagt die 15-jährige Hülya aus Berlin nach dem einstündigen Auftritt, „im Fernsehen wirkt sie oft arrogant, aber hier war sie ganz natürlich, hat mit dem Publikum gelacht und geredet“. Überraschend war das Auftreten der angeblichen Diva im wahrsten Wortsinn. Kein Figur betontes Kleid mit provozierendem Ausschnitt, keine hochhackigen Lackstiefel. Die frühere „Schwester S“ geht in Jeansjacke, Jeanshose, T-Shirt und Turnschuhen durch die Studiotür mit ihrer neunköpfigen Band auf die Bühne. Dann lässt die kleine Frau den großen Gefühlen nur langsam freien Lauf: Anfangs wirkt sie fast zurückhaltend, mit jedem Stück wächst ihr Lächeln. In der Reihenfolge des neuen Albums „SABS“ folgen die Songs: „S muss weitergehen“, „Ich bin so“, „Mein Herz“. Der frenetische Beifall, den der Fritz-Moderator Max Spallek vor Beginn fordert – weil das Konzert gleichzeitig vom Radio gesendet und für das Internet gefilmt wird – bedarf bereits nach dem zweiten Stück keiner Aufforderung mehr. Das Publikum ist ungeteilt begeistert. Das spürt auch die Künstlerin. Sabrina Setlur zeigt ein anderes Bild von sich. Nicht den ultracoolen Gesichtsausdruck oder die plakative Wut. Die deutsche Rapperin lächelt zunehmend, scherzt mit ihren Musikern und animiert die Gäste: „Potsdam was geht ab?!!“. Ihre geplatzte Winter-Tournee, die sie für ihre Teilnahme am Grand-Prix absagte, scheint ihr noch ein schlechtes Gewissen zu machen. „Ich hoffe die Stimmung ist gut im Stadion“, sagt Setlur und verbessert den Freudschen Fehler gleich: „äh, im Studio meine ich. Jetzt müsst ihr alle denken: Die Alte ist größenwahnsinnig“. Für die gute Laune sorgt auch der Rapper Illmat!c, der eigentlich Costa Meronianakis heißt und von Sabrina nur „Costa“ genannt wird. Mit gegeltem Haar, schmal geschnittenem Kinnbart, schwerer Armbanduhr, Silberkettchen und in weiten Schlabberjeans lässt der Rapper von dem 3-p-Label dem Macho mit dem Schalk im Nacken raus. Mit seinen sexistischen Tanzgrooves persifliert er die schwarzen Gangsta-Rapper. Später, als Sabrina während ihrer Performance eine langstielig Rose von einem Fan überreicht bekommt, lästert Costa: „Das war der Bachelor“ und imitiert die Frage im übertrieben weihevollen Ton der RTL-Hochzeitsshow: „Willst Du diese Rose?“. Den Leuten gefällt das. Ilmat!c hat die Lacher auf seiner Seite. Ansonsten ist es den überzeugten Setlur-Fans sehr ernst. „Sabrina Setlur bedeutet Liebe für uns“, erklärt die 32-jährige Melanie Rutt. Zu fünft sind sie extra aus Darmstadt angereist, die Tickets hätten sie im Internet-Radio gewonnen, heißt es aus der Gruppe. Mit dem Schlachtruf „S-A-B-R-I-N-A, wir sind wieder da“, hatten sie ihr Idol während des Konzertes lauthals unterstützt. Die Darmstädter sind seit zehn Jahren Setlur-Fans. Mit 19 Jahren wurde Sabrina für das Rödelheim Hartreim Projekt entdeckt. In Zusammenarbeit mit Moses P entwickelte sich das Hip-Hop-Projekt „Schwester S“, das mit der CD „S ist soweit“ 1995 die Charts eroberte. Erst 1997 veröffentlichte Sabrina Setlur unter ihrem echten Namen das Album „Die neue S Klasse“. Die Künstlerin, die auch Xavier Naidoo zur Bekanntheit verhalf, will ihren aktuellen Song „Liebe“ am 19. März in der Berliner Arena zum Grand-Prix-Vorentscheid präsentieren. „Für mich ist das eine ernste Sache“, sagt Setlur über ihre Teilnahme bei dem internationalen Gesangs-Festival im Interview mit den Radiofritzen. Die Hip-Hop-Künstlerin könne sich auch vorstellen „in zehn Jahren als Rockröhre“ zu singen, sagt sie in einem anderen Interview. Sabrina Setlur lässt für die Zukunft alle Türen offen und wird wohl deshalb kein eindeutiges Image bekommen.

Karsten Sawalski

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