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Landeshauptstadt: Klärwerk-Pleite klug umschifft

Neu Fahrland rappelte sich seit 1990 zu einem Ort mit funktionierender Infrastruktur

Neu Fahrland rappelte sich seit 1990 zu einem Ort mit funktionierender Infrastruktur Mit der Kommunalwahl am 26. Oktober soll Potsdam per Eingemeindung sieben neue Ortsteile bekommen, die an dieser Stelle vorgestellt werden. Heute: Neu Fahrland Von Winfried Gutzeit „Unsere Gemeinde hatte eigentlich vor der Wende so gut wie nichts“, erinnert sich Manfred Cornehl. Er ist mit zwei Jahren Unterbrechung seit 1986 durchgehend Bürgermeister von Neu Fahrland. „Wir waren damals auf die bilanzierten Zuweisungen vom Rat des Kreises angewiesen. Das war sehr wenig, und damit konnte man die Probleme der Gemeinde kaum bewältigen“, schätzt er heute ein. „Das reichte gerade für die Straßenbeleuchtung und das Schließen von ein paar Löchern in der Straße.“ Es gab weder Telefon noch Abwasserentsorgung. „Heute haben wir zu 100 Prozent Telefonversorgung und Kabelfernsehen.“ An der zentralen Abwasserentsorgung war bis auf wenige Ausnahmen kaum jemand angeschlossen, heute liegt der Anschlussgrad bei 85 Prozent. Die gesamte Stromversorgung wurde inzwischen erneuert, ebenfalls kam ein Gasanschluss in jedes Haus. Jedoch hatte Neu Fahrland damals einen günstigen Start. Durch die Grundstücksverkäufe an die Nutzer in der Zeit der DDR-Regierung unter Hans Modrow bis März 1990 kam Geld in die Gemeindekasse. „Es waren mehr als 100 Neu-Fahrländer, die zu DDR-Zeiten ein Eigenheim gebaut hatten und auch ein dingliches Nutzungsrecht vorweisen konnten. Denen haben wir den Grund und Boden verkaufen können“, erläutert Cornehl. Diese Einnahmen wurden zunächst für die Gemeinde angespart und waren dann der Grundstock für eine selbstständige und zielgerichtete kommunale Arbeit im Ort. „Die Verkäufe wurden später zwar noch einmal auf ihre Redlichkeit hin untersucht, doch gab es da keinen einzigen Fall in Neu Fahrland, wo dagegen verstoßen worden war. Immerhin haben dabei mehr als eine Million DDR-Mark eingenommen.“ Sehr aktiv war die Gemeinde bei der Vorbereitung zur Abwassererschließung. Damals wurden überall in Brandenburg immense Klärwerke für große Einwohnerzahlen gebaut, einige Gemeinden dadurch total in die Pleite getrieben. „Doch wir hatten in unserer Gemeinde einige Fachleute. Die konnten beweisen, dass die vorgelegten Planungen völlig überzogen waren“, stellt Cornehl fest. Eigentlich sollte eine Kläranlage für 20 000 „Einwohner-Werte“ gebaut werden, die konnte auf die Hälfte reduziert werden. Doch das sei immer noch zu groß, da nur 6300 Einwohner im Amtsbereich einleiten. „Bei der ursprünglichen Investitionssumme von 60 Millionen DM ist uns damals richtig schwarz vor Augen geworden.“Allerdings hatten auch viele der Anwohner gleich geklagt, um ein überdimensioniertes Abwassersystem und damit überhöhte Abwassergebühren und Anschlussbeiträge zu verhindern. Die Baugebiete in dem kleinen Ort (noch) vor den Toren Potsdams sind leicht zu überblicken: Stinthorn ist so gut wie fertig, da klaffen noch einige Lücken sowie das B-Plangebiet am Apfelgarten mit zehn Grundstücken fehlt. Die Siedlung unterhalb des Kirchbergs auf der anderen Seite der Bundesstraße ist ebenfalls in der letzten Ausbauphase. Die Haupterschließung ist soweit abgeschlossen, Abwasser- und Trinkwasserleitungen sind durchweg erneuert worden. Jeweils die Hälfte von Kirchberg und Ringstraße hat bereits eine neue Straßendecke. Die zweite Hälfte soll noch im laufenden Jahr fertiggestellt werden, ebenfalls die Fontanestraße. Die Brücke über den Stichgraben in der Ringstraße soll durch einen Damm als Überfahrt ersetzt werden, in diesem Bereich wird der Graben künftig durch eine Betonröhre fließen. „Damit würde die Ringstraße wieder ihrem Namen gerecht werden und die Lückenschließung zu mehr Sicherheit führen. Dann können endlich Feuerwehr und Krankenwagen ohne zu wenden durch das Wohngebiet fahren.“ Eigentlich sollte diese Lücke bereits vor etlichen Jahren geschlossen werden, doch munkelt der Volksmund, die Verzögerung seitens der Gemeinde sei damals Absicht gewesen: Die nahe sowjetische Garnison in Krampnitz hätte diese Schleife zu gern für ihre Lkw-Fahrschule genutzt, was so nicht möglich war. Das Verhältnis der Gemeinde zur Heinrich-Heine-Klinik hat sich inzwischen abgekühlt: Man wirft der Gemeinde vor, den Uferweg am Park des Heinenhofes nicht öffentlich gewidmet und auch nicht das Vorkaufsrecht dafür ausgeübt zu haben. „Ohne den Uferweg hätten aber die Familie Jagdfeld das Siemensgelände gar nicht gekauft.“ Immerhin ging es da um etwa 7,7 Millionen Euro. Und zum Wegekauf sagt Cornehl: „Diese anderthalb Millionen Euro haben wir lieber in unsere neue Kita gesteckt und sehen das Geld dort gut angelegt.“ Der Heinenhof soll in Kürze unter Beachtung des Denkmalschutzes ausgebaut werden. Dann könnte ein Teil des Jagdfeldschen Firmenimperiums auf das Gelände übersiedeln, heißt es. Die Gemeindevertretung hat sich in all den Jahren weniger um politische Rivalität als um Sachfragen gekümmert und gestritten und war stets in erster Linie für die Bürger da. „Die wirklich für die Gemeinde wichtigen Entscheidungen sind meist einstimmig oder mit großer Mehrheit gefallen. Wir wollten uns doch nicht vor den Bürgern darstellen, wie etwa in Groß Glienicke, sondern haben immer nur um Antworten auf die Sachfragen gerungen.“ POTSDAM WIRD GRÖSSER – DIE NEUEN ORTSTEILE IM PORTRÄT (3)

Winfried Gutzeit

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