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Aus dem GERICHTSSAAL: Kameruner am Schlaatz überfallen

Gericht: Kein fremden- feindlicher Hintergrund

Aus dem GERICHTSSAALGericht: Kein fremden- feindlicher Hintergrund Von Gabriele Hohenstein Bereits am 7. Mai 2003 musste sich Roy L. wegen des Übergriffs auf einen Schwarzafrikaner am Schlaatz vor dem Schöffengericht verantworten. Während dieser Verhandlung tauchte die Vermutung auf, dass eventuell auch eine Verurteilung wegen versuchten schweren Raubes in Frage kommen könne, der mit Freiheitsstrafe ab fünf Jahren geahndet wird. Das Schöffengericht – es darf Straftäter für höchstens vier Jahre ins Gefängnis stecken – verwies die Sache ans Landgericht. Allerdings wurde der vermeintliche Mittäter Stefan Sch. inzwischen vom Amtsgericht zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Laut Anklage sollen Roy L. und Stefan Sch. gegen 22.30 Uhr des 13. Dezember 2002 den an der Bushaltestelle Falkenhorst wartenden Robert E. aus Kamerun nach Zigaretten und Dollars gefragt haben. Als sie das Gewünschte nicht erhielten, soll Roy L. die Hemdtasche des Afrikaners durchsucht, ihn danach mehrfach gegen den Oberkörper geboxt haben. Sein Komplize habe den Asylbewerber mit einem Schlagstock traktiert, bis ihm schließlich die Flucht gelang. Roy L. (24) – er kam mit zu kurzen Armen und verkümmerten Händen zur Welt – versuchte gestern anfangs vor der 3. Strafkammer des Landgerichts, seine Schuld kleinzureden. Selbstverständlich hätte er dem Farbigen die Zigaretten abgekauft, wenn er welche dabeigehabt hätte, beteuerte er. Den Schlagstock habe er – wie immer – zu seiner eigenen Sicherheit mitgeführt, da er wegen seiner Behinderung schon mehrfach angegriffen worden sei. Damit er „keine Scheiße“ baue, habe ihm sein Kumpel Stefan Sch. den Knüppel abgenommen. „Was der damit angestellt hat, war mir selber zu viel“, äußerte der Angeklagte, entschuldigte sich auch bei dem Opfer. „Es war mein erstes derartiges Erlebnis in Deutschland“, berichtete Robert E. (45). Obwohl die alkoholisierten jungen Männer äußerst aggressiv auftraten, sei er nicht beschimpft worden. Die Faustschläge von Roy L. seien schon heftig gewesen. Und von den Knüppelhieben des Stefan Sch. habe er Schmerzen und Schwellungen am Rücken sowie an der Schulter davongetragen. Mittäter Stefan Sch. (20) konnte sich im Zeugenstand angeblich nicht mehr an den Vorfall erinnern. Die Frage der Kammervorsitzenden, ob er wisse, weshalb er vor sechs Monaten verurteilt wurde, verneinte der Gärtner lakonisch. Mit der dringenden Ermahnung, sein Gedächtnis zu strapazieren und der Möglichkeit von Beugehaft konfrontiert wurde er in die Pause entlassen. Die nutzten die Prozessbeteiligten für ein Gespräch zur Abkürzung des Verfahrens. Falls der Angeklagte ein umfassendes Geständnis ablege – so die Richterin danach – würde ihm eine Freiheitsstrafe nicht über zwei Jahren auf Bewährung zugesichert. Roy L. gab nun doch zu, er habe vorgehabt, dem Schwarzafrikaner Zigaretten und Geld wegzunehmen. Er wurde wegen versuchten schweren Raubes im Zustand verminderter Schuldfähigkeit (2 Promille zur Tatzeit) zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung. verurteilt. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund sah das Gericht nicht.

Gabriele Hohenstein

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