zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Jubiläum in der Villa Ingenheim

Militärgeschichtliches Forschungsamt fand vor zehn Jahren in Potsdam eine neue Heimat

Militärgeschichtliches Forschungsamt fand vor zehn Jahren in Potsdam eine neue Heimat Von Erhart Hohenstein Seit Herbst 1994, also seit 10 Jahren, ist die Villa Ingenheim an der Zeppelinstraße Sitz des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) der Bundeswehr. Das Amt wird dieses Jubiläum im November mit einer festlichen Buchpräsentation würdigen. Amtschef Kapitän zur See Dr. Jörg Duppler arbeitet mit weiteren zwei Historikern an einer Publikation „Vom Herrensitz zum Forschungsamt“, in der die wechselhafte Geschichte des Anwesens dargestellt wird. Die Villa war 1822 auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei für einen Berliner Arzt errichtet worden. Zu ihren Nutzern zählten später der Graf von Ingenheim, ein morganatischer Spross des Königs Friedrich Wilhelm II., und der Kaisersohn Prinz Eitel Friedrich von Preußen. In der DDR-Zeit saß hier das Militärhistorische Institut der NVA. Wie der neu berufene Pressesprecher, der wissenschaftliche Oberrat Dr. Bernhard Chiari, den PNN mitteilte, sei man auch an einer erneuten Teilnahme am „Brandenburg-Tag“ interessiert. Oberrat Chiari betont die enge Einbindung der in Deutschland größten außeruniversitären Forschungsstätte für Militärgeschichte in die Potsdamer Wissenschaftslandschaft. So gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Militärgeschichte an der Potsdamer Universität, dem Zentrum für Zeithistorische Forschung und anderen Institutionen. Im April findet eine Fachtagung mit der Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit, im Mai die bereits 46. Internationale Jahrestagung für Militärgeschichte statt, diesmal zur Ostfront 1914/15 und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum. Die wissenschaftliche Infrastruktur des Amtes stehe darüber hinaus dem interessierten Publikum zur Verfügung, erklärt Bernhard Chiari. So kann die Bibliothek genutzt werden, die neben aktueller Fachliteratur einen einzigartigen historischen Buchbestand besitzt. Mit etwa 240 000 Bänden ist sie die größte ihrer Spezifik im deutschsprachigen Raum. Jährlich werden vom Amt etwa 2500 Anfragen bearbeitet. Zu Personen, vornehmlich vermissten Soldaten, ist dies allerdings nicht möglich, dafür ist die Wehrmachtsauskunftsstelle in Berlin zuständig. Das MGFA vermittelt jährlich etwa 60 Studenten und Schülern ein Praktikum. Zu einer festen Größe im Kulturleben der Stadt sind die militärgeschichtlichen Vorträge im zum Konferenzsaal ausgebauten ehemaligen Marstall geworden. Er wird auch für Buchpräsentationen genutzt. 2004 legt das Amt u.a. Titel zur deutschen Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945, zu Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR und zum Luftschutz vor. Das Amt arbeitet mit etwa 40 Verlagen zusammen und macht in „Bücherfenstern“ Potsdamer Buchhandlungen auf seine Veröffentlichungen aufmerksam. Vier Wanderausstellungen werden nicht nur innerhalb der Bundeswehr gezeigt. So war in den Bahnhofspassagen „Germania auf dem Meere“ über die preußisch-deutsche Marinegeschichte zu sehen. Die Ausstellungen können beim MGFA angefordert werden. Die Internetpräsenz des Amtes wurde stark ausgebaut, hier kann man z.B. die Zeitschrift „Militärgeschichte“ abrufen, bald auch den Bibliothekskatalog einsehen und Bücher bestellen. Mit ihrer Publikumszugewandtheit drücken die Mitarbeiter des vor der deutschen Wiedervereinigung in Freiburg/Breisgau angesiedelten Amtes aus, wie wohl sie sich an ihrem neuen Standort fühlen. Das geht auch dem 2000 nach Potsdam gekommenen Bernhard Chiari so. Obwohl der als Spross einer alten k.u.k.-Beamten- und Arztfamilie in Wien Geborene naturgemäß kein „Preußenfan“ ist und der zweite Weltkrieg seinen Forschungsschwerpunkt darstellt, fühlt er sich von Potsdam als „lebendiger Stadt im Umbruch“ und von der schönen Umgebung angezogen. Einen echten Potsdamer Chiari gibt es immerhin schon: den 17 Monate alten Sohn.

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false