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Landeshauptstadt: Jenseits von Sieg und Niederlage

Potsdamer Go-Verein widmet sich asiatischem Brettspiel / Kluger Kopf und Harmonie gefragt

Potsdamer Go-Verein widmet sich asiatischem Brettspiel / Kluger Kopf und Harmonie gefragt Die Ruhe im Raum wird nur durch ein regelmäßiges Klacken unterbrochen. Konzentriert setzen die Spieler vom Potsdamer Go-Club ihre Steine. Das 4000 Jahre alte asiatische Brettspiel ist ihre Leidenschaft. „Es war immer so weit, nach Berlin zum Go-Spielen zu fahren“, sagt Oliver Lenz. Also gründete er 1996 kurzerhand einen Go-Club in Potsdam. Rund 18 Männer und Frauen zwischen 20 und 40 Jahren treffen sich regelmäßig, um ihren Intellekt und ihre Willenskraft zu messen. „Früher habe ich Schach gespielt und dann irgendwann den Spaß daran verloren“, erzählt Lenz. Durch Zufall sei ihm während seiner NVA-Zeit ein Spielregelbüchlein für Go in die Hände gefallen. Seitdem habe ihn das Spiel, bei dem es um die Eroberung von Territorium geht, nicht mehr losgelassen. Als „einfach schön und befriedigend“ beschreibt der 38-Jährige die Beschäftigung mit den weißen und schwarzen Steinen, die es ähnlich wie beim Mühlespiel strategisch auf Gitterlinien zu setzen gilt. Go sei zwar ein rationales Spiel, es habe aber zugleich eine ästhetische Komponente. „Go-Spielen ist ein kreativer Prozess und mit künstlerischem Gestalten vergleichbar“, schwärmt der Diplom-Ingenieur für Maschinenbau. Aufgrund der unendlichen Variantenvielfalt der Spielzüge entstünden immer neue Stein-Formationen auf dem Brett. Jenseits von Sieg und Niederlage gehe es vor allem darum, mit dem Gegenüber ein spannendes Spiel zu gestalten. Dazu gehöre Einfühlungsvermögen in die Gedankengänge des anderen. Go sei ein vom Schlachtfeld auf das Spielbrett verlagerter Kampf ohne Blutvergießen. „Aus der Konzentration erwächst für mich Harmonie“, sagt der Vater von vier Kindern. Go-Spieler seien völlig in das Setzen ihrer Steine versunken und würden die Welt um sich herum vergessen. Sicher gehe es dabei auch um fernöstliche Philosophie. „Ich bin mein Hauptgegner, der andere Spieler ist mein Partner“, beschreibt Lenz seine Einstellung. Ziel sei es, die Grenzen der eigenen Unzulänglichkeit zu überwinden. „Die Spielregeln sind leicht zu verstehen“, glaubt der Potsdamer. Wer sich für Go interessiere, sollte allerdings Strategiespielen nicht abgeneigt sein. Aufgrund des Vorgabesystems und der variablen Spielfeldgröße könnten auch Anfänger schnell mitmischen. „Go ist kein Materialsport“, beschreibt Lenz den einfachen Zugang zum Spiel. Es koste nicht viel und könne sogar nur mit Papier, Bleistift und Radiergummi gespielt werden. Kenner würden allerdings Glas- oder Muschelsteine auf einem Spielbrett benutzen. „Die knallen so richtig beim Setzen und verleihen dem Ganzen Ästhetik“, sagt der Club-Gründer. Neben einem klugen Kopf sei auch Geduld gefragt. „Eine große Go-Partie hat 200 bis 300 Spielzüge“, erläutert der Experte. Bei Turnieren könnten so bis zu vier Stunden vergehen, ehe der Gewinner feststehe. Bei den Treffen des Potsdamer Go-Clubs dauerten die Partien aber häufig nur eine Stunde. Für Lenz verliert das Spiel nie seinen Reiz: „Anders als beim Schach schlagen Computer beim Go höchstens Anfänger.“

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