zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Immer die modernsten Geräte

St. Josefs-Krankenhaus feiert 100 Jahre Innere Medizin und verabschiedet Oberarzt Andreas Rupprecht

Das letzte Wort hat Andreas Rupprecht. Der 65-Jährige wird auf einer heute um 10 Uhr beginnenden Festveranstaltung im St. Josefs-Krankenhaus Potsdam die letzte Rede halten. Der Grund: Der leitende Oberarzt der Klinik für Innere Medizin geht in den Ruhestand. Es ist nicht nur so, dass Dr. Rupprecht auf „ein Lebenswerk von überragender Bedeutung zurückblicken kann“, wie der Ärztliche Direktor Dr. Eckart Frantz sagt, und das katholische Krankenhaus „einen ihrer profilierteste ärztlichen Mitarbeiter verliert“. Das St. Josefs wird auch auf einen verzichten müssen, der in außergewöhnlicher Weise das Vertrauen seiner Mitarbeiter genießt. Rupprecht wird gemocht und das schon früh: Schon in der Schule wählten ihn seine Klassenkameraden 1959 zum FDJ-Sekretär. Das wäre heute freilich nicht so fürchterlich erwähnenswert, wenn Rupprecht überhaupt Mitglied in der Freien Deutschen Jugend gewesen wäre. War er aber nicht – sehr zur Überraschung seiner Mitschüler. Der gläubige Katholik stand ständig in Konflikt mit der DDR-Staatsmacht. Die „Organe“ behielten ihn stets im Auge. Allein der erhaltene ältere Teil seiner Stasi-Akte zählt Dr. Frantz zufolge 5000 Blatt.

Gleichzeitig mit der Verabschiedung Rupprechts blickt das St. Josefs-Krankenhaus auf 100 Jahre Innere Medizin zurück. 1906 wurde die Medizinische Abteilung des damals immerhin schon 44-jährigen Krankenhauses in eine „Äußere“ und eine „Innere“ Abteilung getrennt. 1862 als Waisenhaus gegründet, nahm es 1872 seinen Praxisbetrieb auf. Wie Dr. Frantz, heute Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, informiert, war der erste Chefarzt der Inneren ein Dr. August Widenmann. Bereits 1910 aber verließ Widenmann das Haus, denn er war auch Leibarzt des Kronprinzen und der ging auf eine große Reise nach Ceylon und Indien und Widenmann mit ihm.

„Innere Medizin“ beschäftigt sich mit den Worten von Dr. Frantz mit dem, „was man an einem Patienten nicht sieht, wenn man ihn anschaut“, also unter anderem mit Herz, Lunge, Niere und Leber. Die ersten Jahre der Inneren Abteilung am St. Josefs-Krankenhaus waren wichtige Jahre der Medizin überhaupt: 1901 erhält Konrad Röntgen den Nobelpreis, schon 1902 legte sich das Krankenhaus an der Zimmerstraße seine erste Röntgen-Anlage zu: „Die haben hier immer fix die modernsten Geräte angeschafft“, resümiert Kardiologe Frantz.

In seinem medizingeschichtlichen Vortrag, den Dr. Frantz heute in der Glashalle, dem Haus St. Alexius, hält, macht er auch eine Bemerkung zu einer großen brandenburgischen Leistung in der Medizin: 1929 setzte Werner Forßmann in Eberswalde den ersten Herzkatheder – im Selbstversuch. Der berühmte Ferdinand Sauerbruch wird dazu sagen: „Mit solchen Kunststücken habilitiert man sich in einem Zirkus und nicht an einer anständigen deutschen Klinik.“ Das Karolinska-Institut in Stockholm schätzte Forßmanns Selbstversuch ungleich mehr: Es verlieh ihm 1956 den Nobelpreis für Medizin.

Ein Glanzlicht der Potsdamer St. Josefs-Geschichte ist sicher die Absetzung von Pfarrer Drossert noch im Jahr 1932: Er hatte offen mit der NSDAP symphatisiert. Dr. Frantz findet es auch bezeichnend, dass bereits 1934 unter der Kirche des St. Josefs-Krankenhauses ein Luftschutzbunker gebaut wurde. Die Nationalsozialisten haben den Krieg also von Anfang an gewollt. Das Krankenhaus trifft es schwer: Ab 1939 erhalten viele Mediziner den Marschbefehl, die Zahl der Ärzte für Zivilkranke reduziert sich auf drei. 1942 wird sogar der Chefarzt zum Militär eingezogen. Am 14. und 15. April 1945 fallen auch auf das Krankenhaus-Gelände Bomben. Eine trifft eine Baracke mit Zwangsarbeitern, über 30 Tote sind zu beklagen.

Die DDR ist eine Zeit des Wiederaufbaus und auch des Aufbaus – wenn auch zäh und langsam. 1962 wird eine 220-Volt-Stromanlage eingebaut. Unter dem für Dr. Frantz namhaftesten Chefarzt der Inneren Abteilung, Prof. Günther Kunz, wird der noch heute bestehende Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie (Krebstherapie) eingerichtet. Immer schwebt über dem katholischen Krankenhaus das Damokles-Schwert der Schließung. Letztendlich ließen sich aber auch SED-Obere gern im St-Josefs-Krankenhaus behandeln – wegen der medizinischen Geräte aus dem Westen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false