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Landeshauptstadt: Herzensangelegenheiten

Die Stadt feierte einen Neujahrsempfang voller Liebe – allein die PDS musste ein wenig einstecken

Die Stadt feierte einen Neujahrsempfang voller Liebe – allein die PDS musste ein wenig einstecken Liebe kann manchmal überwältigend sein. So sehr, dass selbst einem Mann wie Wolfgang Joop die Stimme versagt. Da steht er nun im Scheinwerferlicht des Neujahrsempfangs auf der Bühne des Nikolaisaals, kämpft gegen die Tränen und um die letzten Worte auf seinem Redemanuskript. „Diese Schönheit hat Moden und politische Systeme überdauert und ist schöner als irgendein zukünftiger Reichtum“, lauten sie. Gemeint ist die Schönheit Potsdams, Joops Geburtsstadt. Die er, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck nur Minuten zuvor gesagt hatte, „nicht nur nie vergessen hat“. Der Kosmopolit und Künstler Joop habe Potsdam „immer im Herzen gehabt“. Und er mache „unbezahlbare Werbung“ für die Stadt, wenn er „mit herzchenförmigen Pupillen in TV-Kameras“ schaue, während er von Potsdam erzähle. Er setze sich ein für die Stadt, nicht nur wirtschaftlich, sondern mit Hingabe, so hatte Platzeck gesagt. Und dann bittet er Wolfgang Joop auf die Bühne, damit dieser seine Unterschrift ins Goldene Buch der Landeshauptstadt setze. „Paradise is a state of mind“, schreibt Joop – und malt einen Engel mit herzchenförmigen Pupillen. Dann verliest er seine Dankesrede, die ihm nicht nur Lacher, sondern auch tosenden Applaus des Publikums im mit rund 700 Gästen voll besetzten Nikolaisaal einbringt. Vor allem, als Joop sich klar bekennt zur Historie, zum orginalgetreuen Wiederaufbau des Stadtschlosses: „Die Kinder dieser Stadt haben ein Recht auf ihre einst weltberühmte historische Mitte. Wir wollen unsere nationale Identität und keine beliebige Betonkultur modernistischer Architekten, deren Geschmack eine Verabredung mit den Behörden und nicht mit dem Geist einer humanistisch geprägten Kultur ist.“ Doch das ist nicht nur eine Forderung, es klingt auch Bangen mit – ein Bangen, das Joop schon immer verfolgt hat, wenn es um Potsdam ging: zu DDR-Zeiten um Halbjahresvisa, heutzutage um „behördliche Fehlentscheidungen und das so genannte Recht der Investoren“. Außerdem hänge ein „grauer Schatten der PDS, die Neidkultur züchtet“ über der Stadt, sagt Joop später, abseits der Bühne. Davon ist allerdings an diesem Freitagmittag im Nikolaisaal nicht viel zu spüren. Joops auch wirtschaftliches Engagement in der Stadt – er gründete hier sein neues Projekt „Wunderkind“, in das er bereits einige Millionen aus seinem Privatvermögen investiert und das nun 30 Mitarbeiter habe – wird ebenso warmherzig gewürdigt wie die Leistungen des zweiten Mannes, den die Stadt mit einem Eintrag ins Goldene Buch ehren will. Es ist Klaus Eichler, der Öffentlichkeit eher wenig bekannt, der Stadtverwaltung aber um so mehr. „Er hielt sich bescheiden im Hintergrund und alle wussten, ohne ihn lief nichts“, sagt Oberbürgermeister Jann Jakobs in der Laudatio für Eichler, der in den vergangenen fünfzehn Jahren im Landesbauministerium zugunsten seiner Heimatstadt wirkte und zuvor Stadtbaudirektor des ehemaligen Rates der Stadt war. Ob Theaterneubau, Treffpunkt Freizeit, Sportzentrum Waldstadt, Stadtkanal, Bundesgartenschau, Lustgarten oder Alter Markt – Eichler sei „im besten Sinne als Nestor der Städtebauförderung in Brandenburg“ zu würdigen, sagt Jakobs. Und Eichler selbst lässt nichts unversucht, Potsdam weiter Mut zu machen für den Wiederaufbau seiner historischen Mitte: Das Schloss, den Stadtkanal könne man sich leisten, wenn man nur wolle – da müsse auch PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg über seinen Schatten springen.Liebe kann eben überwältigend sein. Das könnten bald auch andere spüren. Jene nämlich, die der Bitte des Oberbürgermeisters Folge leisten. Ganz in Tradition von Saint-Exupérys kleinen Prinzen bat er die Potsdamer schließlich, ihre Stadt mit dem Herzen zu sehen. Denn das Wesentliche, das ist für das Auge unsichtbar.

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