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Landeshauptstadt: Helfer aus der Ferne

Vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow aus wird der Hilfseinsatz in Sumatra geführt

Vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow aus wird der Hilfseinsatz in Sumatra geführt Die Landkarte des Nordens von Sumatra sieht zwar groß und detailliert aus, doch zeigt sie trotzdem nicht die genaue Lage auf der indonesischen Insel. Der zwei mal zwei Meter große Plan ist für Hauptmann Torsten Stauffer und René Klostermann vom Technischen Hilfswerk trotzdem unentbehrlich. „Wir stellen täglich ein Lagebild der Katastrophenregion zusammen“, sagt Stauffer und blickt auf die Karte, die in der Mitte eines voll gestellten Zimmers steht. Die zwei Männer arbeiten beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EFKB). Dort führen, planen und koordinieren rund 850 Soldaten und zivile Mitarbeiter sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr, zum Beispiel in Afghanistan und Bosnien. Seit dem 28. Dezember beteiligt sich die Bundeswehr an der Hilfe für die Tsunami-Gebiete im Indischen Ozean, es ist der bislang größte humanitäre Auftrag ihrer Geschichte. Der Haupteinsatzort liegt in der Provinz Aceh im Norden Sumatras. Bis jetzt befinden sich rund 300 deutsche Soldaten vor Ort im Einsatz, sie kommen überwiegend aus den niedersächsischen Standorten Leer und Varel. Stauffer und Klostermann arbeiten seit dem 7. Januar in der so genannten Einsatz-Zelle für Südostasien, dem sechsköpfigen Führungsteam für die Mission. An diesem Tag geht der Hilfseinsatz in eine neue Etappe: Das Bundeswehr-Versorgungsschiff „Berlin“ erreicht am Morgen die Küstengewässer der fast vollständig zerstörten Provinzhauptstadt Banda Aceh. Stauffer und Klostermann sind in einem unscheinbaren Quaderbau auf dem Gelände der Henning-von-Tresckow-Kaserne am Werderschen Damm live mit dabei. Im zweiten Stockwerk steht ihr Schreibtisch mit Computer und Telefon, von hier aus halten sie Kontakt mit Helfern, die quer über dem Erdball verteilt sind. Das Team spricht mit Hilfsorganisationen, mit dem Auswärtigen Amt, mit Behörden vor Ort. „Die Anrufe pro Tag sind unzählbar“, sagt Stauffer. Er sitzt sonst nicht in Potsdam, sondern kommt vom CIMIC-Bataillon 100 im niedersächsischen Nienburg, einer speziell für zivile Auslandseinsätze geschulten Truppe innerhalb der Bundeswehr. In Geltow arbeitet Stauffer nun täglich von halb sieben bis 20 Uhr. „Im Urlaub schlafe ich länger“, scherzt er. Der Einsatz von Stauffer kann sich noch länger hinziehen. In Banda Aceh funktionieren von drei Krankenhäusern nur noch zwei zum Teil, wie Oberstleutnant Andreas Heine berichtet, der beim EFKB als ein Pressesprecher für den Hilfseinsatz arbeitet. „Die ärztliche Versorgung in der Region ist praktisch zusammengebrochen“, sagt Heine. Die deutsche Armee soll das zerstörte „General Hospital“ nun wieder funktionsfähig machen. Die Koordination dafür läuft von Geltow aus. „Mindestens ein Mitarbeiter aus jeder Abteilung ist mit dem Einsatz in Südostasien befasst“, sagt Heine. Für viele ist die Mission eine einmalige Erfahrung, auch René Klettermann von der Einsatz-Zelle betritt Neuland. Kurz nach der Katastrophe wurde der Potsdamer THW-Helfer in Bereitschaft versetzt, eventuell hätte der Pump–Spezialist sogar in die Katastrophenregion fahren müssen. Nun verbringt er seine Tage mit Lage-Analysen. „Zum Beispiel überprüfen wir, wo Trinkwasser gebraucht wird, um wirklich gezielt helfen zu können“, sagt Klettermann. Wenn für die Männer in der Einsatz-Zelle abends die Arbeit getan ist, werden im EFKB aber die Lichter noch nicht ausgeschaltet. In der Nacht werden die Bundeswehrverbände im Ausland von der Operationszentrale im selben Haus geleitet – das Zentrum ist ein Raum mit dutzenden Fernsehschirmen und Computern. In der Frühe bekommen dann Stauffer, Klettermann und der Rest vom Team alle nötigen Informationen der letzten Stunden. An diesem Nachmittag sind die morgendlichen Infos schon ein paar Stunden alt. Torsten Stauffer steht an der großen Nord-Sumatra-Karte und zeigt auf daneben gepinnte Satellitenfotos der Region. Rote Pfeile markieren, wo sich aktuell deutsche Hilfskräfte befinden. Gegenüber der großen Karte hängen mehrere kleine Pläne, daneben mehrere Listen. Sie zeigen die Details der internationale Hilfstransporte in der ersten Woche nach der Katastrophe: Wie viel Nahrung? Wie viel Medikamente? Stauffer und Klettermann sind sich bewusst, dass die deutsche Hilfe nur ein Rad im internationalen Unterstützung-Getriebe ist. Doch sind die Listen nicht unaktuell? Stauffer nickt, die Papiere sind für die Arbeit nicht mehr wichtig, noch hat es niemand geschafft sie abzuhängen. Er sagt ruhig: „Wenn wir sämtliche Hilfen anpinnen würden, die nun gleichzeitig laufen, dann müssten wir hier anbauen.“ Henri Kramer

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