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Landeshauptstadt: Hartz IV, Schulsterben und die Verwaltung

PNN-Talk in Groß Glienicke zum Landtagswahlkampf mit wenig Allgemeinplätzen

PNN-Talk in Groß Glienicke zum Landtagswahlkampf mit wenig Allgemeinplätzen Von Winfried Gutzeit Groß Glienicke - Saskia Funck (CDU) möchte sich um Wirtschaft und Finanzen kümmern und dafür Ansprechpartner sein. Joachim Gessinger (B 90/Grüne) tritt für neue Politikansätze im Landtag ein. Hans Günther Oberlack (FDP) will das Schulsystem von Grund auf verbessern. Susanne Melior (SPD) will sich für Familie und Frauen einsetzen. Andreas Bernig (PDS) schätzt die öffentliche Sicherheit anders ein als sein Chef Jörg Schönbohm. Alle fünf kämpfen um ein gutes Ergebnis ihrer Partei bei der Landtagswahl und stellten sich am Montagabend in Groß Glienicke einer Podiumsdiskussion. Eingeladen hatte Chefredakteur Michael Erbach zum PNN-Talk in die Aula der Hanna-von-Pestalozza-Grundschule – und knapp 50 Groß-Glienicker interessierten sich für die Standpunkte der Parteien. Dabei schwappte die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe durch Hartz IV in die Diskussion, auch wenn Erbach das als Bundespolitik aus dem Disput etwas heraushalten wollte. Jedoch war klar, dass die Reformen sich direkt auf die Stimmung im Land und somit auch auf die Landespolitik auswirken. Entsprechend argumentierte der promovierte Staats- und Rechtswissenschaftler und heutige Vertreter der Polizeigewerkschaft Bernig: „Hartz IV muss weg. Wir haben zu wenig Einnahmen, eine vernünftige Steuerpolitik hilft auch beim Sichern der Sozialsysteme.“ Die Absenkung des Spitzensteuersatzes findet der PDS-Landespolitiker daher grotesk. Das konnte Susanne Melior als Landtagsabgeordnete nicht auf ihrer Partei sitzen lassen. Hartz IV träfe natürlich mehr Menschen im Osten, denn „bei uns fehlt die Arbeit“, sagte sie. Doch sei es unverantwortlich, wie manche Politiker und Zeitungen durch falsche Rechenbeispiele mit den Ängsten der Menschen spielten. Der Sprachwissenschaftler Gessinger sieht einerseits die unumstößliche Notwendigkeit der Reform, doch sei manches im Detail zu unkonkret. „Wie groß darf denn nun eine zumutbare Wohnung sein?“, war seine Frage. Doch zurück zur Landespolitik – denn Schule ist Ländersache. Hier tritt die FDP für ein dreigliedriges Schulsystem ein. „Wir brauchen eine individuelle Förderung unsrer Kinder“, sagte der promovierte Vertreter der Wirtschaft Oberlack. Die PDS sieht das anders. „Wir sind für eine lange einheitliche Ausbildung der Schüler“, sagte Bering. Die Grünen wollen endlich Konsequenzen aus der Pisa-Studie sehen und Susanne Melior möchte die begonnene Bildungsoffensive im Land vorantreiben. Saskia Funck sieht als CDU-Kreistagsabgeordnete von Potsdam-Mittelmark beim derzeitigen Schulsterben auf dem Lande zu wenig Ausnahmegenehmigungen, wenn Aussicht auf bessere Schülerzahlen bestünde. Bei Schulschließungen und beim „Ja“ zur Ganztagsschule lagen die fünf dann in ihrer Meinung gar nicht weit auseinander. Für Funck ist außerdem der Handlungsspielraum der Landesverwaltung ohnehin zu weit gefasst und müsste besser kontrolliert werden. Das war auch der Eindruck einiger im Publikum. Dagegen argumentierte der frühere Bürgermeister Daniel Dörr als Mitarbeiter im Innenministerium. Es gäbe genug Kontrollen. „Uns erreicht ständig eine Flut von Anfragen, und auch die Landtagsabgeordneten sind oft bei uns“, sagte er. Zum Abschluss des Abends lobte Moderator Erbach die fünf Politiker auf dem Podium: „Wir haben heute so gut wie keine der üblichen Politikersprüche, dafür aber viel Konkretes gehört.“ Und das sei nicht unbedingt üblich im Wahlkampf. Daran hatten aber auch die Zuschauer Anteil, die mit vielen ganz konkreten Fragen die Politiker auch zu klaren Antworten zwangen.

Winfried Gutzeit

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