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Aus dem GERICHTSSAAL: Haftstrafe verlängert sich um 16 Monate

Aus dem GERICHTSSAAL „Sind Sie ein Nazi?“, fragt der Oberstaatsanwalt streng.

Aus dem GERICHTSSAAL „Sind Sie ein Nazi?“, fragt der Oberstaatsanwalt streng. Ronny R. (22, Name geändert) schüttelt den Kopf, auch wenn die Anklage eine andere Sprache spricht. Dreimal soll der Potsdamer im Jahr 2003 den Hitlergruß in der Öffentlichkeit entboten, sogar die ihn festnehmenden Polizeibeamten provokativ damit konfrontiert haben. Einen Dönerverkäufer am Schlaatz habe der wegen Diebstahls, versuchter schwerer Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und mehrfacher Verkehrsdelikte Vorbelastete als Kanaken betitelt. Uniformierte, die gegen die Ungebührlichkeiten einschreiten wollten, seien mit Worten weit unter der Gürtellinie bedacht, mit Schlägen, gar mit dem Tode bedroht worden. „Sie erscheinen zu Ihrer Verhandlung in Armeekleidung, tragen extrem kurze Haare. Da liegt doch der Verdacht nahe, dass Sie nationalsozialistischem Gedankengut anhängen“, hakt der Anklagevertreter nach. Werner Torsten Metz, Verteidiger des Angeklagten, entgegnet, sein Mandant befinde sich derzeit als Freigänger in der JVA Brandenburg. Die praktischen kurzen Haare seien diesem Aufenthaltsort geschuldet. Und die Worte – sollten sie wie angeklagt gefallen sein – würden von kindlicher Noch-Naivität, keinesfalls jedoch von einer verfestigten nationalsozialistischen Einstellung zeugen. „Alle meine Straftaten sind im Rausch passiert“, lässt Ronny R. verlauten. Jetzt habe er begriffen, dass es so nicht weitergeht, im Gefängnis eine Therapie begonnen. Auch am 12.April 2003 sei er sternhagelvoll aus der Disko gekommen. „Am Dönerstand bin ich dann plötzlich umgerannt worden. Irgendwann war die Polizei da.“ Er habe keine Erinnerung mehr, Sieg-Heil gerufen und den Türken beschimpft zu haben. „Kann aber möglich sein“, räumt der Baufacharbeiter ein. Ähnlich verschwommene Bilder sehe er, wenn er an den 20. April 2003 denke. „Eigentlich wollte ich nicht mit dem Auto fahren. Dann bin ich doch eingestiegen.“ Die Polizisten, die Ronny R. in seinem Golf ohne Licht und mit 1,52 Promille in der Heinrich-Mann-Allee stoppten, wurden laut Zeugenaussagen ebenfalls mit Sieg-Heil begrüßt. „Die anderen Worte habe ich verdrängt“, meint Polizeimeisterin Stefanie U.(19). „Sie haben ein Vokabular verwendet, das seinesgleichen sucht“, rügt Amtsrichterin Rita Franke den Angeklagten. „Das kommt mir so in den Kopf. Dann muss es raus“, begründet Ronny R. seine Wortwahl, in deren Genuss am 13. Dezember 2003 wiederum mehrere Polizisten kamen. „Ich hatte in der Disko mein Handy verloren und wollte Anzeige erstatten.“ Aber die Beamten setzten den Schluckspecht kurzerhand vor die Tür der Wache. Das Gericht verurteilt Ronny R. wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Beleidigung, Volksverhetzung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sowie Fahrens unter Alkohol zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Hoga

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