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Landeshauptstadt: Gericht: Potsdam kann Ufer-Kauf nicht einklagen

Stadt setzt auf Verhandlungen / Exner: Solange keine Verkäufe / Schwere Vorwürfe der Grünen gegen OFD und Anlieger

Stadt setzt auf Verhandlungen / Exner: Solange keine Verkäufe / Schwere Vorwürfe der Grünen gegen OFD und Anlieger Von Sabine Schicketanz Babelsberg - Die Stadt Potsdam hat „keinen einklagbaren Anspruch auf Erwerb“ der ehemaligen Mauergrundstücke am Griebnitzsee. Mit dieser Begründung hat das Landgericht Cottbus gestern eine im November von der Stadt in letzter Minute erwirkte Einstweilige Verfügung aufgehoben. Damit kann der Bund nun im Streit um den öffentlichen Uferweg weiter Fakten schaffen – und die ehemaligen Mauergrundstücke an die kaufwilligen Anrainer, die entsprechende Anträge gestellt haben, verkaufen. Die Stadt geht jedoch trotz der von ihr bereits erwarteten Niederlage vor Gericht nicht davon aus, dass dies geschieht. Der Grund: Die Verwaltung hat deutlich signalisiert, zu einer Verhandlungslösung bereit zu sein. Wie der Finanzbeigeordnete Burkhard Exner den PNN sagte, führe er bereits Termin- und Verfahrensabsprachen mit der neuen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und der übergeordneten Behörde, dem Bundesfinanzministerium. Die BImA ersetzt die Anfang des Jahres formal abgeschafften Oberfinanzdirektionen (OFD); mit der OFD in Cottbus streitet sich die Stadt seit Monaten über ihre Entscheidung, die Ufergrundstücke an die privaten Anlieger zu verkaufen. Als positiv wertet Exner, dass der Bund nun eine „moderierende Rolle“ übernehmen werde. Dies hatte die Stadt bereits mehrmals gefordert. Zudem gebe es mit der neuen BImA auch einen neuen Verhandlungsführer. Auch daraus ergebe sich die „reale Chance, den Gesprächsfaden neu aufzunehmen“, so Exner. „Rechtswahrend“ werde die Stadt voraussichtlich dennoch Berufung gegen die gestrige Entscheidung beim Oberlandesgericht einlegen. Dies sei dem Bund angekündigt. Exner kritisierte die Landgerichts-Entscheidung, da sie die Stadt mit einem privaten Investor gleichstelle. Dieser habe, wenn er einen ablehnenden Investitionsbescheid bekomme, kein Klagerecht. Der Landeshauptstadt aber stehe mit der Planungshoheit ein aus dem Grundgesetz resultierender verfassungsrechtlicher Anspruch zu. Auch das Verwaltungsgericht Potsdam habe 2003 entschieden, dass einer Gemeinde in einem solchen Fall der Weg vor ein Zivilgericht wie das Landgericht Cottbus offen steht. Darüber hinaus sei es laut Landesverfassung der Auftrag der Stadt, den Zugang zu Ufern sicherzustellen, zu erhalten und auszubauen. Vertreter der kaufwilligen Griebnitzsee-Anlieger reagierten erfreut auf die bereits Anfang Januar mündlich erläuterte Gerichtsentscheidung (PNN berichteten). Sie werde Indizwirkung haben, sagte Rechtsanwalt Christoph Partsch, der einige Anwohner vertritt. In der Frage, ob der Bund nun verkaufe, komme es auf den Willen der einzelnen Anlieger an, so Partsch. Er werde seinen Mandanten jedoch empfehlen, den Bund aufzufordern, zu verkaufen. „Bei Nicht-Veräußerung würde völlig unnötig eine zweite Front zwischen den Antragstellern (jenen Anwohnern, die kaufen wollen, d. Red.) und dem Bund entstehen“, sagte der Rechtsanwalt. Dagegen haben die Kreis- und Landesvorsitzenden von Bündnis 90/die Grünen gestern Bundesfinanzminister Hans Eichel in einem Offenen Brief aufgefordert, die Grundstücksverkäufe bis zur gerichtlichen Klärung, wer überhaupt kaufen dürfe, zu stoppen. Sie erhoben zudem schwere Vorwürfe gegen das bisherige Vorgehen der OFD. So müsse ein „ordnungsgemäßes Verfahren stark bezweifelt werden“, da „ein am Seeufer wohnender Bauunternehmer“, der „Geschäftsführer zweier großer Berliner Wohnungsbaugesellschaften“ und ehemaliger Leiter der Treuhand-Objektverwaltung und die „Ehefrau eines Juristen, der die Initiative Historische Uferregion zuvor gegenüber der Stadt Potsdam vertreten hat“, bevorzugt worden seien – mit ihnen hatte die OFD am 24. November 2004, einen Tag nach Bekanntwerden ihrer Entscheidung zu Gunsten der privaten Antragsteller, Kaufverträge geschlossen. Diese „behördenuntypische Hast“ müsse aufgeklärt werden. Rechtsanwalt Partsch wies dieVorwürfe zurück und bezeichnete sie als Unterstellung. Die drei Anlieger hätten lediglich ihre Kaufanträge am schnellsten entscheidungsreif vorgelegt. „Das ist die einfache Wahrheit.“ Er bedauere, dass die Grünen die Diskussion „auf dieses Niveau“ zögen. Partsch betonte jedoch, die Anlieger sähen mit „Wohlwollen“, dass die Stadt verhandeln wolle. „Wir hoffen, dass sie auf uns zu kommt.“ Finanzbeigeordneter Exner sagte, er habe bereits mit Anliegern gesprochen, die den Uferweg offen halten wollten. Für erfolgreiche Verhandlungen müssten sich jedoch „alle einen Ruck geben und sich besinnen“. Er hoffe auf eine „differenzierte Lösung“, die der Öffentlichkeit Gestaltungsfreiraum lasse. Dabei müssten sich einige Anlieger „von dem Irrtum befreien, sie könnten machen was sie wollen, wenn ihnen das Grundstück gehört“. Über die Wiederherstellung historischer Bootshäuser ließe sich im Bebauungsplanverfahren jedoch reden, „aber sie muss eine sachliche Grundlage haben“.

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