zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Fürs Leben lernen

Milchshakes, Mohrrüben und Sexualkunde beim Gesundheitstag der Pierre-de-Coubertin-Gesamtschule

Milchshakes, Mohrrüben und Sexualkunde beim Gesundheitstag der Pierre-de-Coubertin-Gesamtschule Von Guido Berg Am Stern - Vor dem Eingang zur Pierre-de-Coubertin-Gesamtschule liegt ein zerplatztes Kondom auf den Treppenstufen. Es ist von grüner Farbe und mutmaßlich unbenutzt. Mohrrüben kauende Schüler drängelnd sich im Innern an Ständen von Krankenkassen und Vereinen. Es ist wieder Gesundheitstag an der Schule. Zum dritten Mal, wie Sportstudent Matthias Walter informiert. Organisiert wird dieser Tag zu Themen wie Ernährung, Sport und Drogenprävention von Studenten der Universität Potsdam. In der Sporthalle spielen Schüler in Rollstühlen fahrend Basketball. „Die Idee dahinter ist: Die Schüler sollen sich in die Lage von Behinderten hineinversetzen können“, erklärt Studentin Katharina Gutt. Zuerst gilt es, über eine Sport-Matratze zu fahren. Wie an einem Bordstein muss der Rolli-Fahrer zuerst die kleinen Vorderräder anlupfen, um dann mit Schwung das Hindernis zu überwinden – eine kleine Hürde für den Geübten, eine große für den, der gerade seine ersten Rollstuhlmeter absolviert. Schüler mit guter Beobachtungsgabe haben an dieser Stelle bereits erkannt, dass Rollstuhl nicht gleich Rollstuhl ist. Manche haben sie, manche nicht: Eine kleine Leiste am Heck mit Rädchen dran, die verhindert, dass der Rollstuhl nach hinten umkippen kann. Anpfiff. Die kräftigeren Schüler nutzen sofort den enormen Antritt eines mit starken Armen angetrieben Rollstuhls. Schnell ist die Distanz bis zum Korbkreis des Gegners überwunden. Zuspiel. Ein Junge reißt die Arme hoch, fängt, wirft auf den Korb – und fährt mit Karacho gegen den Torpfosten. Wenn beide Hände am Ball sind, fehlt eine zum Bremsen. Der Ball prallt am Korb ab und rollte in die Sportgerätekammer. Ein Schüler springt aus dem Rolli und holt ihn schnell. Kein Problem. Das Spiel geht weiter. Wieder eine Strafraumsituation: Ein Spieler setzt zum Korbwurf an. Sein schleudernder Arm wird jedoch kräftig geblockt. Da sein Rollstuhl noch Vortrieb hat, wird der Arm nach hinten gerissen, dass Gefährt kommt aus dem Gleichgewicht und kippt nach hinten um. Wer keinen Umfallschutz hat, der kippt fast zwangsläufig irgendwann im Spiel einmal nach hinten. Den Schülern machen die Handicaps aber wenig aus, sie lachen, sie haben Freude am Spiel. Erkenntnisse aus dem Perspektivwechsel: Rolli fahren will gelernt sein und auch Behinderte können den Sport genießen. Elisa Schubert aus der 8.Klasse: „Es war schwer rauszubekommen, wie man mit einem Rollstuhl drehen kann. Es hat aber Spaß gemacht.“ Beim Stand von Annette Kühn in der zweiten Schuletage lernen die Schüler derweil, wie gut ein Getränk schmecken kann – selbst wenn in ihm nicht 15 Stück Würfelzucker aufgelöst sind wie in einer Cola. Die Sozialarbeiterin vom Verein „Paragraf 13“ bereitet in einem Mixer Milch-Bananen-Shakes zu. Jeder kann wählen: „Entweder man mag es milchig oder eher fruchtig“. Doch so süß wie eine Cola wird es nicht, „außer man nimmt vier Bananen auf einen viertel Liter Milch“. Die junge Frau hat noch einen Tipp: Den Mixer lange mixen lassen, dann wird die Milch schön schaumig. Andrang herrscht am Stand bei Cornelia Gubelia von der Aids-Hilfe Potsdam: Die Kinder drehen an einer Art Glücksrad und sollen dann Fragen beantworten. „Stell dir vor, deine Freundin will nicht mit dir schlafen, weil sie Angst vor Aids hat? Was tust du?“ „Ein Kondom nehmen“, sagt ein Schüler und erhält als Preis gleich einen, einen Grünen. Dieter Herrmann vom Verein klärt über eine weitere Möglichkeit auf: Wenn das Pärchen länger zusammenbleiben will, können beide auch ins Gesundheitsamt gehen und sich testen lassen. Sind sie beide HIV-negativ, dann können sie miteinander natürlich fortan gefahrlos auch ohne. Dies im Ohr, schießt einer Schülerin das Blut in den Kopf. Standhaft sagt sie aber: „Es ist schon gut, das zu wissen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false