zum Hauptinhalt

Von Helen Ruwald: Europa staunt

Albas Basketballer siegen beim Topteam Badalona, weil sie unter Druck alles richtig machen

Berlin - Marco Baldi kam bei einem Gläschen Wein nicht zur Ruhe. Eine SMS nach der anderen erschien auf dem Handy des Geschäftsführers von Alba Berlin. Das 79:75 bei Spaniens Topteam Joventut Badalona nach einer begeisternden Leistung war der erste Alba-Sieg in der Basketball-Europaliga nach zuvor 16 Niederlagen. Damit hatte kaum jemand gerechnet und so konnte Baldi sich vor Glückwünschen aus ganz Europa nicht retten. „Das waren mehr SMS als beim Gewinn des deutschen Meistertitels im vergangenen Juni“, erzählte Baldi. Auf die Meisterschaft hatte Alba fünf Jahre warten müssen, auf den Auswärtssieg sogar sechseinhalb: seit dem Erfolg am 31. Oktober 2002 bei AEK Athen.

Der 7. Januar 2009 dürfte als besonderer Tag in Albas Annalen eingehen: ein europäisches Spitzenteam ist auswärts unter dem Druck des Siegen müssens geschlagen worden und das nicht, weil der Gegner schwächelte, sondern weil Alba so stark, selbstbewusst und konzentriert war. „Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt“, sagt Baldi, dessen Team bei einer Niederlage nur noch theoretische Chancen aufs Weiterkommen gehabt hätte.

Vier Jahre im zweitklassigen Uleb-Cup liegen hinter den Berlinern, die nach dem Meistertitel und dem Umzug in die Großarena am Ostbahnhof den Anspruch haben, sich in Europas höchster Liga Schritt für Schritt nach oben zu arbeiten. Am kommenden Donnerstag kann sich Alba mit einem Heimsieg im letzten Vorrundenspiel gegen Olimpija Ljubljana, den bereits ausgeschiedenen Tabellenletzten der Gruppe C, Platz vier sichern und in die Zwischenrunde einziehen. Derzeit sind Alba und Badalona mit je vier Siegen und fünf Niederlagen punktgleich, doch der direkte Vergleich spricht für die Deutschen. Sollte Badalona beim Topteam Tau Vitoria verlieren, dürfte sich Alba deshalb sogar eine Niederlage gegen die Slowenen leisten. In Ljubljana verloren die Berliner das Hinspiel 69:77.

Und so warnt Baldi auch vor zu großer Euphorie. „Das war erst die halbe Miete. Am Donnerstag kommt es zum Showdown, dafür wollen wir Rückenwind mitnehmen“, sagte er, konnte seine Begeisterung aber nicht verhehlen: „Das war ein Spiel auf ganz hohem Niveau. Es ist ein gutes Zeichen, wenn man alles richtig macht, wenn es darauf ankommt.“ Und das, obwohl Center Patrick Femerling verletzt fehlte, sein Stellvertreter Adam Chubb im dritten Viertel mit dem fünften Foul ausschied, Julius Jenkins nach überstandener Verletzung noch nicht wieder der Alte ist und Nationalspieler Steffen Hamann keine zehn Minuten auf dem Feld stand. Dafür überragte Immanuel McElroy mit 26 Punkten (vier Dreier), Aleksandar Nadjfeji holte zwölf Rebounds und Casey Jacobsen traf schon im ersten Viertel drei Dreier. „Der Glaube an uns selbst war entscheidend“, sagte Nadjfeji, „wir haben nie aufgegeben.“

Albas Trainer Luka Pavicevic führte sich das vielleicht beste Saisonspiel weit nach Mitternacht noch einmal zu Gemüte. Das macht er nach jedem Euroleague-Auftritt, doch diesmal wurde die nächtliche Videositzung zum großen Genuss. „Es ist großartig, Teil dieses großen Basketballspiels gewesen zu sein“, sagte Pavicevic. „Wir waren psychisch und physisch voll da und haben nie die Kontrolle verloren.“ Auch nicht beim 31:40-Rückstand und als Badalona zwei10:0- und 10:2-Zwischenspurts hinlegte. Beide Male konnte Alba das überfallartige Anrennen des Gegners wieder stoppen.

Während die Gedanken der Fans schon um das Spiel gegen Ljubljana kreisen, muss Pavicevic die Profis zunächst auf den Auftritt beim Tabellenvierten Oldenburg am Sonnabend einschwören. Siegt Alba, wird Marco Baldi ganz in Ruhe ein Glas Wein trinken können. Viele SMS mit Glückwünschen wird es kaum geben.

Helen Ruwald

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false