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Landeshauptstadt: Erhaltenswertes wird erhalten

Landeskonservator Detlef Karg zur Zukunft der DDR-Bauten in Potsdams historischer Mitte

Innenstadt - Als am 5. September 1977 am Alten Markt der Neubau für das Institut für Lehrerbildung eröffnet wurde, war dies Margot Honecker einen Besuch wert. Die DDR-Volksbildungsministerin taufte das Institut auf den Namen „Rosa Luxemburg“. Drei Jahrzehnte später sind die Tage des Zweckbaus gezählt, dessen nüchterne Architektur ihm sarkastische Bezeichnungen wie „Gebauter Bauschaden“ oder „Stummer Abrissappell“ eintrug. Neugestaltet werden muss damit auch der sogenannte Staudenhof. Ob der Wohnblock Am Alten Markt mit seinen heute begehrten Kleinwohnungen fällt, ist noch nicht entschieden. Er soll eventuell durch einen Neubau mit gleichen Funktionen ersetzt werden. Abgerissen beziehungsweise rückgebaut werden als Bauplatz für die neue Synagoge zwischen Schwertfeger- und Schlossstraße das einstige Gebäude der Wasserwirtschaft, ein besonders unansehnliches Bürogebäude, und das Reisebüro-Hochhaus an der Ecke Yorckstraße.

Das Landesamt für Denkmalpflege stimmt diesen Abrissen zu, erklärte dazu Landeskonservator Prof. Detlef Karg in einem Pressegespräch auf PNN-Nachfrage. Sie seien notwendig, um sich im Zusammenhang mit dem Bau des Landtagsschlosses wieder dem historischen Bild der Potsdamer Mitte anzunähern, wie dies die Stadtverordnetenversammlung bereits in den 1990er Jahren zum Ziel erklärt hatte. Das 1968 beschlossene Programm zur Neubebauung des Stadtzentrums habe in diese historisch gewachsene Struktur eingegriffen. Der für das Jahr 2010 vorgesehene Abriss der Fachhochschule ermögliche, dem ursprünglichen Straßenverlauf wieder nahe zu kommen. Das betrifft die ehemalige Kaiserstraße, den Steubenplatz und die Friedrich-Ebert-Straße. Dem gleichen Ziel dient die Neuordnung der Verkehrsflächen der Friedrich-Ebert-Straße, der Breiten Straße sowie der Straßenbahn einschließlich der dafür geplanten Parallelbrücke.

Nicht anschließen kann sich Karg der Begründung, die genannten Bauten müssten wegen ihrer unzureichenden architektonischen Qualität verschwinden. Vielmehr sei eine differenziertere Betrachtung notwendig. Zu bewerten sei nicht allein das Aussehen, sondern auch ihre Bedeutung als Zeugnisse einer geschichtlichen Epoche, wie sie die DDR-Zeit darstelle. Die Einstellung zum Denkmalwert ändere sich im Laufe der Jahre. Der Landeskonservator erinnerte daran, wie nach 1990 die Berliner Mauer als Kainsmal der deutschen Teilung niedergerissen wurde, während man sich heute um die Erhaltung verbliebener Reste bemüht, um späteren Generationen diese Zeit veranschaulichen zu können.

Was in der historischen Mitte und ihrem Umfeld ausreichende bauliche Qualität und geschichtliche Bedeutung besitze, soll erhalten bleiben, ergänzte Dr. Ralph Paschke als Abteilungsleiter des Landesdenkmalamtes. Der von den Architekten Horst Görl und Ernst Pfrogner von 1963 bis 1966 geschaffene Zwischenbau zwischen Altem Rathaus und dem Knobelsdorffschen Bürgerhaus genieße Denkmalschutz, erhalten werde aber ebenso das Bibliotheksgebäude am Platz der Einheit und die vor wenigen Jahren sanierte Häuserzeile der Studentenunterkünfte an der Breiten Straße. Wiederannäherung an den historischen Stadtgrundriss bedeute nicht die Wiederherstellung jedes Details. Spätere geschichtliche Entwicklungen müssten deutlich bleiben. Bei den an der Alten Fahrt geplanten Neubauten geht es nicht um Kopien des Palastes Barberini, des Schloss-Hotels und der Gontardschen Nebenhäuser, deren Ruinen am 24. März 1948 gesprengt worden waren, sondern um eine Neubebauung, die maßstäblich der historischen Situation entspricht. Abweichend davon wird im Bürgerinteresse die Uferpromenade erhalten bleiben.

Auch ein heute bereits über 50-jähriger Potsdamer wird nach dem Bau des Landtagsbaus und den Arbeiten im Umfeld eine „neue Mitte“ erleben, wie er sie noch nie gesehen hat – mit einer dem ursprünglichen Stadtgrundriss angenäherten Struktur, aber Bauten, die auch die späteren Zeitschichten einschließlich der DDR-Epoche nicht negieren.

Erhart Hohenstein

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