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Modelleisenbahner. Vereinschef Peter Fiedler (l.) und Frank Triebel.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Die Bahn-Archäologen

Westhavelländische Kreisbahn im Modell – Ausstellung am Stern und in den Bahnhofspassagen

Die einstige Bahnstation Butzow nahe dem Beetzsee kennt heute kaum noch jemand. Dort, wo einst bis zu acht Züge täglich hielten, befindet sich heute ein Campingplatz. Das kleine Bahnhäuschen aus Klinker gibt es nicht mehr. Modelleisenbahner aus Brandenburg an der Havel haben es im Miniatur-Maßstab wieder auferstehen lassen. Am Wochenende war die Schau des „Freundeskreises der Westhavelländischen Kreisbahn e.V.“ im Bürgerhaus „Sternzeichen“ öffentlich ausgestellt. Am 4. und 5. November sind Teile davon in den Bahnhofspassagen mit weiteren 18 Ausstellern zu sehen. Nach Potsdam kommt der Verein nicht zum ersten Mal. Mit bis zu 400 Besuchern kann er an den zwei Tagen rechnen. Acht Männer des Vereins haben in zwei Tagen die aus sechzig Modulen bestehende Modellbahn-Strecke aufgebaut.

„Wir wollen die Westhavelländische Kreisbahn, die bis 1969 von Brandenburg an der Havel über Roskow nach Röthehof und weiter nach Nauen dampfte, im Maßstab 1:87 zu neuem Leben erwecken“, erklärt Vereinsvorsitzender Peter Fiedler. Was in der Ausstellung im „Sternzeichen“ auf den ersten Blick wie eine Hobby-Spielerei aussieht, ist bei näherem Hinsehen eine historisch getreue Aufarbeitung. Fiedler erklärt am Laptop den Verlauf der Strecke: Start am Krakauer Tor in der Stadt Brandenburg, Fahrt über Klein Krenz und Roskow in Richtung Nauen. Der zweite Ast führte von Brandenburg-Altstadt über Brielow, Radewege, Butzow, Ketzir und Lünow nach Roskow. Beide Äste nehmen den Beetzsee gleichsam in die Zange. „Heute ist die Strecke ein Radweg“, sagt Fiedler.

18 Mitglieder hat der „Freundeskreis der Westhavelländischen Kreisbahn“. Immer weniger Zeugnisse der untergegangenen Eisenbahngeschichte sind aufzutreiben. Wie Archäologen sammeln die Vereinsfreunde Fotos und andere Dokumente. Für den historischen Anspruch kommen käufliche Modelle von Gebäuden nicht infrage. Beispiel: der verschwundene Bahnhof Butzow. Es war ein Flachbau aus gebänderten Klinkersteinen mit zwei Fenstern, einer kleinen Eingangstür, einem größeren Tor für die Lasten und einem seitlichen Gang zum WC. Das winzig aussehende Modell im Maßstab 1:87 musste mühsam nach alten Fotos nachgebaut werden.

Das vielleicht eindrucksvollste Modell der Ausstellung ist das der einstigen landwirtschaftlichen Stärkefabrik an der Krakauer Straße, die bis 1989 Knochenmehl aus tierischen Überresten herstellte. Der dort nach der Wiedervereinigung gegründete Ratiomittelbau-Betrieb ging 1991 bankrott. Für die Fabrik existierte seit 1915 ein Anschlussgleis zur Westhavelländischen Kreisbahn. Frank Triebel schuf das eindrucksvolle Modell, dessen Fassade im Original aus roten Klinkern besteht, im Verlaufe von drei Jahren. 2000 Stunden verbrachte er beim Modellbau. „Um dem Stillleben mehr Leben einzuhauchen, habe ich ein Gebäude im Umbau mit einer Holzrüstung im Stil der 1950er Jahre dargestellt“, erzählt Triebel, der beruflich als Schlosser arbeitet.

Eine bemerkenswerte Besonderheit am Rande der Hauptausstellung zeigte Lothar Müller vom „Verein Furka Bergstrecke“ in der Schweiz. Müller ist kein Schweizer, sondern Potsdamer. Wie er berichtet, gibt es vom Eisenbahnliebhaber-Verein der Schweiz mit 7500 Mitgliedern eine kleine Abzweig-Sektion Berlin-Brandenburg mit immerhin 50 Mitgliedern. Die Furka-Bergbahn führt vom Dorf Realp im Kanton Uri über den 2431 Meter hohen Furka-Pass nach Oberwald. Die Vereinsmitglieder seien laut Müller sowohl Genießer und Nutzer als auch Förderer der einzigartigen Gebirgsbahnlinie. So bestehe ihr Personal ausschließlich aus freiwilligen „Fronarbeitern“, die den Betrieb unentgeltlich aufrechterhalten.Günter Schenke

Günter Schenke

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