zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Der Autor der Erlebniswelt

Lothar Kuhn ist der Architekt des Babelsberger Filmparks und ein „Grenzgänger in der Architektur“

Lothar Kuhn ist der Architekt des Babelsberger Filmparks und ein „Grenzgänger in der Architektur“ Von Jörg Isenhardt Eigentlich ist er Architekt Hochbauarchitekt. „In der DDR hat Hochbauarchitektur aber vor allem Plattenbau bedeutet und das ist mir einfach nicht kreativ genug gewesen“, erklärt Lothar Kuhn. Deshalb landete er irgendwann beim Film. Allerdings habe er die ersten drei Jahre als Filmarchitekt ganz profan Kulissen bauen müssen, bevor die Defa ihm endgültig das Vertrauen schenkte und er sich als Szenenbildner in der Branche einen Namen machen konnte. Der Job bei der DDR-Filmproduktion hat den gebürtigen Hallenser bereits 1978 nach Potsdam verschlagen, wo er noch heute lebt. Seit der Wende tanzt Lothar Kuhn allerdings auf zwei Hochzeiten und arbeitet neben seinen Engagements beim Film als freischaffender Architekt. Eine Kombination, die ihn für einen ganz bestimmten, außergewöhnlichen Job geradezu prädestiniert: Seit 1992 ist er der Architekt des Babelsberger Filmparks und auch bei der baulichen Umsetzung des geplanten Kinderradios wieder gefragt. „Es ist ein absoluter Glücksfall für mich und sicherlich sehr ungewöhnlich, dass ich beide Welten – den Bau und den Film – in meiner Arbeit für den Park verbinden kann“, findet er. Kuhn sieht seine Aufgabe beim Themenpark vor allem im Erschaffen „szenischer Räume“. Seine Arbeit sei „ein Grenzgang zwischen Architektur, Design und Szenografie“, sagt er. Am Ende sieht eine in ihren Grundfesten gewöhnliche Halle, wie die Caligari-Halle, dann eben wie ein expressionistisches 20er-Jahre Kunstwerk aus. Zwischen Oktober und März, außerhalb der Saison, ist Kuhns Hauptarbeitszeit im Park, dann beginnen die Umbauarbeiten. Doch der Filmpark ist nicht sein einziger Auftraggeber, als Architekt baut er auch „normale“ Einfamilienhäuser. Sein Fachwissen über die „große Illusionsmaschine Film“ verhilft ihm aber immer wieder auch zu ungewöhnlichen Aufträgen. Die Installation zur Garnisonkirche in der Breiten Straße ist ein solches Beispiel und zeigt, was er unter dem Schaffen von „szenischen Räumen“ versteht. Hier wird etwas wirklich „in Szene“ gesetzt, der Betrachter erkennt die Illusion der Kirche als solche und kann sich trotzdem im wahrsten Sinne „ein Bild machen“. Lothar Kuhn sieht seine Architektur als „Theater des Erlebnisses“, er will „sinnliche Erfahrungen“ vermitteln. Wer solcherlei Anspruch hat, der muss manchmal ungewöhnliche Wege beschreiten. So wie er es mit dem Verbauen von Strohballen tat. „Das hört sich sicher erst einmal unspektakulär an“, sagt Kuhn, doch die Strohballenhäuser der „Janosch-Welt Panama“ sind ein absolutes Novum: So etwas hatte hierzulande zuvor noch keiner versucht. Unerwarteterweise erteilte die Bundesanstalt für Materialprüfung dem ungewöhnlichen und nach landläufiger Meinung leicht entflammbaren Baumaterial ihren Segen. Womit Kuhn, sozusagen im Vorbeigehen, einen neuen Baustandard geschaffen hat. Das sind so die kleinen Highlights, welche dem 58-jährigen besonderen Spaß machen und von denen es natürlich auch in seiner Filmkarriere reichlich gibt. Er hat mit Konrad Wolf, dem Namensgeber der Babelsberger Filmhochschule bei „Solo Sunny“ (1982) zusammengearbeitet oder für den Fernsehfilm „Albert Einstein“ (1990) Einsteins Haus und die komplette Straße vor seinem Büro in Princeton „Eins zu Eins“ nachgebaut. „Das war originalgetreu bis zur letzten Türklinke“, sagt der Vater von fünf Kindern mit glänzenden Augen. Sein größter Coup jedoch, das war trotz allem der Filmpark. Hier, wo im Jahr mehr Besucher durchströmen, als im Park Sanssouci, hat er eine Erlebniswelt geschaffen, die eine mühelose Brücke zwischen diesem geschichtsträchtigen Ort und den Erfordernissen eines modernen Freizeitparks schlägt. Kuhn, der sich als „Autor einer Freizeitinszenierung“ begreift, betont, dass der Filmpark eben kein Freizeitpark „auf der grünen Wiese – wie der Disneypark von Paris“ sei, sondern ein Teil eines historischen Filmwirtschafszentrums. Ein Ort, an dem die Filmrollen seit Anbeginn der Cinematographie in den Kameras surren. Die Filmparkmacher haben die darin liegende Chance zweifellos erkannt und der Architekt Lothar Kuhn hat sie in vielfältiger Weise aufgenommen und umgesetzt. Ob es nun die „Caligari-Halle“ oder das „Prinz Eisenherz-Erlebnisrestaurant“, die Kuppel des Palastes vom „kleinen Muck“, die U-Boot-Ausstellung oder die Westernstraße ist, überall finden sich seine Reminiszenzen an die bunte Welt auf Zelluloid – geschaffen von einem architektonischen Grenzgänger.

Jörg Isenhardt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false