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Von Lore Bardens: Aus zwei Freaks werden Typen

HFF-Student Karl Hagen-Stötzer präsentiert seinen Film im Wettbewerb des Ophüls-Festivals in Saarbrücken

„Ich hatte Glück“, sagt Karl Hagen-Stötzer. Mit der Besetzung für seinen Film „Bergab geht’s entspannter“ hatte er Glück. Die Oma wurde von Gudrun Ritter gespielt. Ungewöhnlich, wenn sich verdiente Schauspieler in Studentenfilmen tummeln. „Es war ein Traum mit ihr“, schwärmt Hagen-Stötzer, der an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) studiert. Und seine beiden Hauptdarsteller findet er auch toll, überhaupt, die gesamte Arbeit war klasse. Und Filmen ist das Schönste, was man tun kann, sagt der 30-Jährige. Jetzt wurde sein Film für den Wettbewerb des Max-Ophüls-Festivals in Saarbrücken ausgewählt.

Der 16-Minüter „Bergab ist entspannter“ ist Karl Hagen-Stötzers Vordiplomfilm. Die zwei Freunde Lorz (Fabian Oscar Wien) und Sturm (Jacob Bieber) fahren nach Polen, um dort Zigaretten und illegale Rauchgranaten einzukaufen. Auf dem Rücksitz haben sie Oma Hömer, die in Polen zum Frisör will. Sie verschluckt sich an einem Bonbon, wird ohnmächtig und muss in ein Krankenhaus in Polen eingeliefert werden. Die beiden Freunde warten in ihrem Auto, nicht wissend, ob die Oma überleben wird. Während dieser Zeit verändert sich ihr Verhältnis zueinander: Aus dem flapsigen, ironischen Ton werden verbindliche Gespräche, entsteht eine Tiefe, die zuvor nicht da war.

„Aus zwei Freaks werden Typen“ sagt Hagen-Stötzer dazu. Dieses Road-Movie gefiel der Auswahlkommission des Ophüls-Festival, das noch bis Samstag in Saarbrücken läuft. Das Festival ist der wichtigste deutsche Nachwuchswettbewerb – und Stötzers Film wurde gemeinsam mit 14 weiteren aus 400 Einsendungen in die Kategorie Kurzfilme gehievt.

Eine erste Einschätzung gab die Saarbrücker Zeitung ab: „Schlüssig und stimmig erzählt sind auch etliche weitere Beiträge des Kurzfilm-Wettbewerbs. Und den jungen Filmemachern gelingt es sehr schön, das Milieu und die Figuren glaubwürdig rüberzubringen.“ Das gelte auch für „Bergab ist entspannter“. Darüber hat sich Hagen-Stötzer sicher gefreut. Nun wartet er in Saarbrücken darauf, ob sein Film eine Auszeichnung erhält. Aber zunächst ist es Auszeichnung genug, überhaupt mit dabei sein zu dürfen.

Nicht immer war klar, dass er irgendwann anfangen würde, Filme zu machen. In Berlin geboren, aufgewachsen im idyllischen Ort Altlangsow im Oderbruch in der Nähe der polnischen Grenze, lernte er erst einmal Steinbildhauer. Nach der Lehre ging er zum Theater nach Frankfurt (Oder) und Schwedt, später ans Hans Otto Theater nach Potsdam und wollte, weil ihm diese Arbeit so gefiel, eigentlich Bühnenbildner werden. Als Sohn zweier bildender Künstler war er zwar mit der visuellen Kunst vertraut, hatte aber keine Ahnung, welche Welten Theater und Film eröffnen können.

Von seinen Eltern wusste er, dass die Bildhauerei eine sehr einsame Tätigkeit ist, und was er am Theater und Film so schätzt, ist das mit den anderen Gewerken gemeinsame Arbeiten. „Drehen is det absolut Größte“, ist nun sein sicheres Urteil, und er will immer wieder Filme machen. „Bergab ist entspannter“ ist sein fünfter Film, er hat auch schon einen 45-Minüter für das Fernsehen gedreht. Jetzt aber will er mit Riesenschritten dem großen Spielfilm entgegeneilen.

Karl Hagen-Stötzer schwebt dabei weniger eine an der Berliner Schule orientierte Erzählweise vor. Er will durchaus unterhalten, aber auf eine Art, die nicht oberflächlich ist. So wie in „Bergab ist entspannter“ eben. Für den Dreh hatte der berlinernde Jungregisseur einen Heimvorteil: So fragte er einen Bekannten, ob für den Film dessen Lagerhalle als „Polenmarkt“ nutzen könne, und das durfte er. 7000 Euro bekam er von der HFF für Spesen und sonstige Ausgaben. Die Schauspieler dürfen, das ist bei allen Studentenfilmen so, keine Gage erhalten.

Die Studenten müssen ihre Idee den anderen Studiengängen „verkaufen“, da ist es schon wie im richtigen Leben, wenn die Filmemacher in so genannten „Pitches“ möglichen Produzenten erzählen, worin denn das Besondere ihres Films besteht. Dramaturgen, Cutter, Kameraleute und wen oder was er noch so brauchte, stellte er aus Studenten der HFF zusammen. Anderthalb Jahre von der Idee bis zur Realisierung hat er gebraucht – auch fast wie im richtigen Leben. Froh ist er um die Beratung seitens seiner Lehrer, und mit Andreas Kleinert hat er einen Regieprofessor, der wertvolle Tipps gibt.

Vorbilder hat der Filmstudent eigentlich keine, sagt er und überlegt ein bisschen. Na klar, „Halbe Treppe“ sei ein toller Film. Ab da gerät er ins Schwärmen. Er sieht die Defa-Geschichte mit Filmen wie „Jakob der Lügner“ vor seinem inneren Auge. An der HFF lernt er, seinen eigenen Stil zu finden, und das ist ihm mit „Bergab ist entspannter“ wohl auch schon gelungen.

Von Lore Bardens

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