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Antrittsvorlesung von Prof. Wilfried Schubarth zur „Jugend Ost“

Antrittsvorlesung von Prof. Wilfried Schubarth zur „Jugend Ost“ Bei manchen Vorträgen fragt man sich, ob es denn wirklich sein muss. So auch bei der Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Wilfried Schubarth an der Universität Potsdam vergangenen Dienstag. Das Thema lautete „Jugend Ost im Fokus der Forschung“ und behandelte die Forschungsentwicklung der letzten Jahrzehnte. Eine Wissenschaft, die sich selbst betrachtet, ist stets eine Angelegenheit, deren Zweck und Schönheit sich nur dem engen Kreis der Eingeweihten erschließt. Diese waren von der Veranstaltung auch sehr angetan, davon zeugte der stürmische Beifall am Ende. Ein Außenstehender könnte sich allerdings fragen, was an der Erkenntnis, dass ostdeutsche Jugendforschung als Teil der gesamtdeutschen Jugendforschung zu betrachten sei, so bahnbrechend ist. Zum Inhalt: erst wurden einige Beispiele der Forschungsthemen in der DDR genannt. Da gab es Studien zur Identifikation der Jugendlichen mit ihrem Land oder zur Liebe und Sexualität der Menschen bis 30 Jahre. Die Bemerkung am Rande, dass das Buch mit den Ergebnissen der zweiten Studie ein Bestseller war, erntet heiteres Gelächter. Fazit des ersten Teils: DDR-Jugendforschung bietet Anregungen für Wissenschaftler von heute und einen Datenpool über die Jugendentwicklung vor der Wende. Eine Information, die nicht wirklich überrascht. Der zweite Teil widmete sich der Zeit nach der Wende. Die nun deutsch-deutsche Jugendforschung stürzte sich mit Begeisterung auf das Live-Experiment „Transformation im Zeitraffer“ und studierte begierig die ostdeutsche Jugend. Diese stand vor der Schwierigkeit, sich eine neue Biographie ausdenken zu müssen nachdem die traditionelle nicht mehr möglich war und reagierte darauf mit verstärktem Rechtsextremismus und erhöhter Gewaltbereitschaft. Mitte der neunziger Jahre flaute das Interesse der Gelehrten jedoch ab, denn eine erfolgreiche Anpassung schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Diese Normalisierung überdeckt indes die nach wie vor vorhandene Ungleichheit der Lebensbedingungen. Mittlerweile räumt die Shellstudie der Ostjugend kaum noch Zukunftsperspektiven ein. Fazit: ein Ost-West-Dialog erscheint wieder wünschenswert. Das gilt allerdings nicht nur für den Bereich der Jugendforschung. Im dritten und letzten Teil dann der Ausblick. Prof. Schubarth möchte seinen Schwerpunkt auf neue Formen gelingender Identitätskonstruktion bei Jugendlichen setzen. Seit einem Jahr als Professor für Allgemeine Pädagogik, Erziehungs- und Sozialisationstheorie am Institut für Pädagogik der Potsdamer Universität tätig, forscht er bereits über die brandenburgische Jugend. Lehrerbildung soll noch hinzu kommen. Zur Jugendforschung kam Schubarth während seines Studiums in Russland zur Zeit der Perestrojka. Seine ernorme Publikationsliste zeugt von Forschung am Puls der Zeit: Gewaltprävention an Schulen, Strategien gegen Rechtsextremismus und Jugendhilfe. Warum dann nicht eine Antrittsvorlesung zu diesen Themen? Nach dem Vortrag nimmt Schubarth, ganz der korrekte und umgängliche Wissenschaftler, die Danksagungen einiger Zuhörer entgegen. Ob seine Vorlesungen auch so trocken sind? Vielleicht kommt es auf den Geschmack des Auditoriums an. Dieses war jedenfalls begeistert.

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