zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Anklage: Versuchter schwerer Raub am Alten Markt

Vier Jahre Bewährung für mehrfach Vorbestraften/Staatsanwalt kündigte Berufung gegen das milde Urteil an

Vier Jahre Bewährung für mehrfach Vorbestraften/Staatsanwalt kündigte Berufung gegen das milde Urteil an AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein „Was denken Sie, könnte passieren, haut man jemandem einen Gummiknüppel auf den Kopf?“, fragt die Vorsitzende des Schöffengerichts, Dr. Birgit von Bülow, den Angeklagten. „Keine Ahnung“, meint Mario O. (24) lakonisch. Dann besinnt er sich allerdings. „War Scheiße, was wir gemacht haben.“ Laut Anklage fuhren er, sein Bruder Matthias sowie zwei Bekannte in der Nacht des 28. November 2002 ziellos durch Potsdam. Gegen 4.15 Uhr sollen die Geschwister dann an der Haltestelle Alter Markt einen auf die Straßenbahn wartenden Mann mit den Worten „Kohle her, Alter!“ aufgefordert haben, ihnen Bargeld auszuhändigen, ihn zudem mit einem Schlagstock verprügelt haben. Das Opfer konnte flüchten. Ein Busfahrer, der auf den Übergriff aufmerksam wurde, alarmierte die Polizei. Da waren Mario und Matthias O. im Auto des Kumpels allerdings längst über alle Berge. „Wir hatten kein Geld. Da kam uns die Idee, einen auszurauben“, gesteht der Arbeitslose ohne Umschweife. „Ich habe allerdings nur danebengestanden“, schiebt er die Hauptschuld seinem über drei Jahre jüngeren Bruder in die Schuhe. Der wurde inzwischen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. „Keine Ahnung, ob Matthias den Gummiknüppel von Anfang an dabei hatte“, so der wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Diebstahls, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis Vorbelastete. „Eigentlich wollten wir dem Mann bloß die Tasche klauen und dann abhauen.“ „Der Schlagstock lag im Auto. Der muss einem der beiden Kumpels gehört haben“, vermutet Matthias O. (20) im Zeugenstand. Bei seinem Anblick habe man sich spontan zum Raub entschlossen. „Wer genau hatte die Idee?“, hakt die Richterin nach. „Icke!“, gesteht der Beschäftigungslose. „Und wer suchte das Opfer aus?“, will sie wissen. „Auch icke.“ Er habe sich den Knüppel in die Jackentasche geschoben und seinen Bruder aufgefordert mitzukommen, erzählt der Kahlgeschorene. „Ick schätze mal, Mario war von der Aktion an der Haltestelle ziemlich überrascht“, gibt er dem Angeklagten Rückendeckung. „Sie haben mit Ihrem Bruder nicht zuvor abgesprochen, dass jemand abgezogen werden soll?“, bezweifelt Staatsanwalt Peter Mitschke die Zeugenaussage. „Nee, det war spontan. Ick hatte Hunger und keine Kohle. Außerdem war ick janz schön besoffen“, beschreibt Matthias O. die Situation. „Ich hatte Feierabend, wartete auf die Bahn, als zwei junge Männer über die Absperrung sprangen“, berichtet Uwe F. (54) Der Wachschutzmitarbeiter glaubte zunächst, sie wollten ihn um Zigaretten anschnorren. „Plötzlich zog mir einer einen Knüppel über den Kopf und verlangte Kohle.“ Ein Schlag traf ihn am Kopf, den zweiten konnte er mit der Hand abwehren. „Ich rannte weg, der mit dem Stock kam hinterher. Der andere stand anscheinend Schmiere.“ Eigentlich sei der Schreck schlimmer als der Schmerz gewesen, resümiert der Security-Mann. „Der Aufpasser muss sich den Tatbeitrag des anderen zurechnen lassen“, erklärt der Vertreter der Anklage und beantragt für Mario O. wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine Haftstrafe von drei Jahren. Das Schöffengericht urteilt mit zwei Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu vierjähriger Bewährung, sowie 400 Sozialstunden deutlich milder. Staatsanwalt Mitschke kündigte dagegen Berufung an.

Gabriele Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false