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Überschuss. Der neue Rundfunkbeitrag bringt mehr Geld in die öffentlich-rechtlichen Kassen, als benötigt wird. Foto: imago

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Streit ums Geld: Angst vorm Känguru

Der Rundfunkbeitrag soll sinken, aber wer soll davon profitieren? Die Diskussion geht weiter, auch deswegen, weil immer mehr Betroffene die Hand aufhalten.

Mehr Geld macht nicht zwangsläufig glücklicher. Eine Erfahrung, die mit dem Plus von 1,1 Milliarden Euro beim Rundfunkbeitrag aktualisiert wird. Wer soll von der Summe profitieren: Der Beitragszahler? Die Sender? Die Kreativen?

Eigentlich hatten sich die Medienpolitiker von Union und SPD positioniert, danach soll die Zwangsabgabe schon 2015 um 73 Cent je Zahler je Monat gesenkt werden. Der Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Sachsen, Johannes Beermann (CDU), sprach sich nun dafür aus, die Senkung des Beitrags mit Vorsicht anzugehen. Es wäre verkehrt, das „Prinzip Känguru“ anzuwenden, also den Beutel leer zu machen und ihn nach zwei Jahren wieder zu füllen, sagte er bei einer Veranstaltung der Deutschen Akademie für Fernsehen am Dienstag in Berlin. Die Medienpolitik fürchtet durchaus den Unmut der Beitragszahler, die erst entlastet und kurz danach belastet werden. Beermann plädierte für Beitragsstabilität, indem auch der öffentlich-rechtliche Auftrag stärker fokussiert wird. „Mehr Geld garantiert kein besseres Programm“, sagte er, zugleich gab er sich als Anhänger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erkennen: „Sparen ist keine Medienpolitik.“

Auch Carsten Brosda von der SPD-geführten Senatskanzlei Hamburg will den Jo-Jo-Effekt beim Beitrag verhindern. Nichts gegen ein Absenken, aber in diesen Prozess müsste auch die staatsvertraglich geforderte Evaluierung des Erhebungsmodells einfließen. Heißt: Ist der Rundfunkbeitrag gegenüber allen betroffenen Bürgern und Institutionen gerecht? Bei Kindergärten beispielsweise, bei Filialunternehmern, bei Handwerkern. Die Diskussion zeigte, dass viele Hände aufgehalten werden.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat den Ländern eine Beitragssenkung um 73 Cent auf 17,25 Euro monatlich empfohlen. Diese würde ab 2015 zunächst bis zum Ende der Periode 2016 gelten. Mit Blick auf den Vorschlag betonte der KEF-Vorsitzende Heinz FischerHeidlberger, die Kommission fälle ihre Entscheidung anstaltsübergreifend. Wie man sparsamer arbeiten könne, das habe nicht zwingend mit dem Qualitätsanspruch zu tun. Er forderte, es müsse mehr Transparenz bei der Verteilung der Gelder geben. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sicherte eine solche Offenheit zu, um sich als weiteres Podiumsmitglied Gedanken zu machen über die Milliardenverteilung. Es habe sich niemand gegen eine Senkung ausgesprochen, aber es gehe darum, wie hoch sie sei. Durchaus nonchalant gab Marmor zu verstehen, dass 20 Euro Beitrag die Schmerzgrenze für den Zahler und für die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Systems bilde.

Die ZDF-Verwaltungschefin Karin Brieden zeigte sich realistischer: „Die Akzeptanz ist nicht so, wie wir es uns wünschen.“ Auch sie sah Spielräume für ein Absenken, verwies auf die anstehende Evaluierung und will „lieber Geld ins Programm stecken“.

Gerhard Schmidt, der Vorsitzende der Deutschen Akademie für Fernsehen, war über die angestrebte wie die aktuelle Verwendung der Anstaltsetats empört und darüber, wie die KEF prüft, respektive nicht prüft, dass Programmgelder in die Verwaltung geschoben würden. Unter dem donnernden Applaus der anwesenden Produzenten und Schauspieler beklagte er, dass die Kreativen sich immer am Ende der öffentlich-rechtlichen Nahrungskette fänden: „Die Diskussion findet in zwei Welten statt.“ Auf der einen Seite stünden Verwaltung und Politik und auf der anderen Seite die Kreativen. Es werde viel zu wenig Geld in das Programm gesteckt. „Ohne die konstante Selbstausbeutung der Mitarbeiter würde das Programm zusammenbrechen.“ Joachim Huber

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