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Professor Dr. Klaus Schroeder.

© dpa

Im Wortlaut dokumentiert: Professor Schroeders Stellungnahme zum Enquete-Gutachten

Stellungnahme zum Gutachten von Erhard Neubert, Mario Niemann, Christoph Wunnicke: „Personelle Kontinuität und Elitenwandel in den Parteien Brandenburgs“

Das Gutachten zu personeller Kontinuität und Elitenwandel in den Parteien Brandenburgs ist leider – wie etliche Gutachten schon zuvor – öffentlich in den Medien debattiert worden, bevor es in der Kommission diskutiert wurde. Da die Journalisten die Zusammenfassungen und Wertungen der Autoren übernommen haben, ist in der Öffentlichkeit ein falsches Bild entstanden und methodische und handwerkliche Mängel sind übersehen worden. Um die Diskussion am 19. August 2011 konzentriert führen zu können, lege ich meine kritischen Anmerkungen hiermit schriftlich vor.

1. Es handelt sich nicht, wie suggeriert, um ein Gutachten, sondern faktisch um drei Gutachten. Die Autoren haben sich nicht auf ein gemeinsames methodisches Vorgehen verständigt und argumentieren mit zum Teil unterschiedlichen Definitionen. Die sprachlich und inhaltlich gleichermaßen dürftige Zusammenfassung kann diese Faktizität nicht verwischen.

2. Das Fazit enthält weder eine vergleichende Zusammenfassung der Ergebnisse noch eine Beantwortung der Frage, in welcher Weise und in welchem Umfang es in den Parteien eine personelle Kontinuität und/oder einen Elitenwandel gegeben hat.

3. Der Gutachter Niemann weist zu Recht darauf hin, dass der ursprüngliche Beschluss der PDS zur Überprüfung einer möglichen Stasi-Mitarbeit von Mandatsträgern schon kurze Zeit später im Januar 1993 gelockert wurde. Vor allem wurde die Kausalität von Verschweigen einer belastenden Vergangenheit und Mandatsverzicht aufgehoben und durch eine Einzelfallprüfung ersetzt. Es dauerte also nicht einmal zwei Jahre, bis die PDS ihre (selbst-)kritische Haltung zum MfS und vergleichbaren Institutionen aufgab. Der Gutachter benennt leider nicht in Zahlen, wie viele Mandatsträger der PDS insgesamt in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung aufgrund einer Stasi-Belastung ihre Mandate niederlegten. Auch erwähnt er nicht, wie viele einschlägig belastete PDS-Mandatsträger ihre MfS-Kontakte zugaben, bevor sie von anderer Seite öffentlich gemacht wurden.

4. Der Gutachter Niemann behauptet auf Seite 16, die Landtagsabgeordneten Henschke, Kaiser, Luthardt, Scharfenberg und Stobrawa seien „seit Jahren offen mit ihren Biografien umgegangen“. Was der Gutachter unter „offen“ versteht, lässt er auch an dieser Stelle offen. Ohne es zu explizieren, scheint er unter „offen“ zu verstehen, dass eine von welcher Seite auch immer bekannt gewordene IM-Tätigkeit nicht geleugnet wird.

5. Die Einordnung der MfS-Mitarbeit verschiedener PDS-Mandatsträger bleibt oberflächlich, zum Teil wird, wie im Fall Frank Hammer, die Bewertung im Neuen Deutschland unkommentiert übernommen. (S. 19) Die Mitarbeit von Heinz Vietze wird relativiert durch seine „ohnehin dienstlichen Kontakte zur Staatssicherheit“.

6. Die Bewertung der Stasi-Mitarbeit etlicher Landtagsabgeordneter der PDS erfolgt nicht durch den Gutachter, sondern durch ein unkommentiertes Zitat von Kerstin Kaiser.

7. Die Eigenart, Äußerungen von PDS-Funktionären im Indikativ und unkommentiert zu übernehmen, findet sich des Öfteren in dem Gutachten - so etwa bei der Übernahme eines Urteils von Bisky über Michael Schumann oder der Einschätzung der von der Brandenburger PDS herausgegebenen Publikationen.

8. Der Gutachter lobt den am 5. November 2009 unterzeichneten Koalitionsvertrag hinsichtlich des Umgangs mit der SED-Diktatur und nimmt diesen als Widerlegung von Einschätzungen aus dem Jahr 1994. Hier stellt sich die Frage, ob die Kritiker der PDS von 1994 wissen mussten, dass 2009 eine Absicht formuliert wird, einer Verklärung der SED-Diktatur entgegenzuwirken. In welcher Weise dies nach dem November 2009 jenseits der Enquete- Kommission geschehen ist, erwähnt der Gutachter ebenfalls nicht.

9. In der öffentlichen Diskussion untergegangen ist bisher das Ergebnis des Gutachters, dass knapp jeder zweite Landtagsabgeordnete eine „besondere Nähe zur DDR und zur Politik der SED“ hatte, unter ihnen viele Partei- und Staatsfunktionäre und systemtreue Intellektuelle. Betrachtet man nur die Abgeordneten, die altersmäßig für eine „besondere Nähe“ in Frage kommen, erhöht sich der Anteil auf knapp 60 %. Berücksichtigt man nur die Mitgliedschaft in der SED, waren 75 % der Abgeordneten früher in der SED organisiert. Lässt man die Jüngeren außer Acht, sind es sogar 86 %!

10. Die Akademie für Staat und Recht, in der die partei- und staatstragenden Kader der sozialistischen Diktatur ausgebildet wurden, wird vom Gutachter als „sehr renommiert“ bezeichnet, ohne dass die Funktion dieser Akademie näher charakterisiert wird.

11. Das Gutachten enthält keine tabellarische Zusammenstellung der Ergebnisse bezogen auf die personelle Kontinuität von PDS-Mandatsträgern. Dagegen werden andere weit weniger wichtige Aspekte wie der Fluktuationsgrad tabellarisch ausgewiesen.

12. In seinem Fazit behauptet der Gutachter: „Die PDS/Linke ging und geht offen mit ihrer DDR-Vergangenheit um.“ Diese Behauptung beruht allein auf der Tatsache, dass es verschiedene Publikationen gibt und die meisten Mandatsträger ihre Vergangenheit, auch die einer Zusammenarbeit mit dem MfS, nicht leugnen, wenn sie – von welcher Seite auch immer – öffentlich wurde. Diese Schlussfolgerung ist auch deshalb zumindest unbegründet, wenn nicht sogar falsch, weil der Gutachter nicht beschreibt und analysiert, auf Grundlage welcher Werte sich die PDS/Linke mit der DDR beschäftigt. Sowohl der Gutachter als auch die Journalisten, die sein Ergebnis unhinterfragt übernommen haben, nehmen insofern Absichtserklärungen und Behauptungen der betroffenen Politiker für „bare Münze“.

13. Gutachter Christoph Wunnicke, der die ehemaligen Blockparteien CDU und FDP hinsichtlich der vorgegebenen Fragestellung betrachtet, definiert eingangs nicht, was er unter „Elite“ versteht. Das Gutachten beruht zudem in wesentlichen Teilen auf der Übernahme der Arbeiten von Ute Schmidt zur CDU und Sebastian Putz zur FDP. Hinzu kommt eine eigenständige Auswertung der Mitarbeitermagazine bis 1989. Der Gutachter differenziert nicht zwischen der Bedeutung von Funktionären in der SED und den anderen Blockparteien. Von daher unterbleibt eine notwendige Gewichtung bezogen auf deren Status in der DDR.

14. Der Gutachter konstatiert zu Recht, dass sich bereits im Jahr 1993 in der CDU Brandenburg bezogen auf die Parteispitze ein „Elitenwandel“ durchgesetzt hat, d.h. an der Landesspitze standen Personen ohne „Blockparteivergangenheit“. Im Landesvorstand der CDU hatten jedoch gut 25 % der Mitglieder eine Blockparteivergangenheit. In der ersten Landtagsfraktion dominierten noch Abgeordnete mit einer zum Teil langjährigen Blockparteivergangenheit. 15. Der Gutachter wertet den Umgang von CDU-Funktionären mit der Vergangenheit strenger als sein Gutachterkollege Niemann. An verschiedenen Stellen hinterfragt er Absichtserklärungen und Äußerungen der Personen mit entsprechender Vergangenheit.

16. Während die PDS 1993 ihre Bestimmungen zum Umgang mit Stasibelasteten Funktionären lockerte, verschärfte die CDU ihren bisherigen Kurs, wenngleich auch hier eine Einzelfallbeurteilung vorgesehen war. Als parteischädigendes Verhalten wurde angesehen, wenn Mitbürger denunziert und ihnen damit geschadet wurde. Für die Zeit von Fraktionschef Diestel konstatiert der Gutachter einen „milden“ Umgang mit belasteten Abgeordneten. Allerdings legte sich die Partei im Jahr 1997 auf einen klaren „Anti- Stasi-Kurs“ fest.

17. Der Gutachter stuft die Stasi-Belastung von De Maizière ähnlich wie die von Stolpe ein. Als Begründung bezieht er sich aber nur auf einen Artikel in der Zeitung DIE WELT. Tatsächlich ist die Aktenlage in den beiden Fällen stark unterschiedlich, was freilich noch kein Ergebnis impliziert. Hinzu kommt, dass sich De Maiziére von seinen politischen Ämtern zurückzog, so dass eine weitergehende öffentliche Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit unterblieb.

18. Die Kritik an Johanna Wanka und Dieter Dombrowski, sie hätten parteiintern nicht zur Aufklärung über die Rolle der Blockpartei CDU in der DDR beigetragen, ignoriert deren Initiativen zur generellen Aufarbeitung der SEDDiktatur, wo selbstverständlich neben der SED auch die anderen Blockparteien betrachtet werden. Zum einen wird unterschlagen, dass sich gerade Frau Wanka als Ministerin nachdrücklich und nachhaltig für die Entwicklung und den Ausbau von Gedenkstätten, die sich kritisch mit der DDR auseinandersetzen, einsetzte und zum anderen bleibt Dieter Dombrowskis Engagement als Vorsitzender des Menschenrechtsvereins Cottbus für die Aufklärung über die diktatorischen Verhältnisse im SED-Staat unerwähnt. Ihm wird sogar vorgeworfen, er habe nicht die Kontakte von CDU-Mitgliedern mit der Staatssicherheit gegen Oppositionelle untersuchen lassen, sondern „stattdessen (K.S.?!) der Vereidigung der rot-roten Landesregierung im Jahr 2009 in seiner Häftlingsuniform“ beigewohnt.

19. Anders als der Gutachter Niemann zitiert Wunnicke Äußerungen von CDUFunktionären aus DDR-Zeiten. Sinnvoll wäre es gewesen, die Zitate ehemaliger SED-Mitglieder den der anderen Blockparteimitgliedern gegenüberzustellen bzw. ebenfalls Äußerungen von PDS-Politikern vor und nach 1989 wiederzugeben, um die jetzt entstandene Schieflage zwischen den Teilen des Gutachtens zu vermeiden.

20. Der Gutachter entnimmt einem Bericht der „WELT am SONNTAG“, dass die meisten CDU-Mitglieder schon Mitglieder in der Ost-CDU waren und übernimmt unkommentiert die Einordnung der CDU als „Juniorpartner der SED“. Ob die Zahlen und die Einschätzung stimmen, erfährt der Leser des Gutachtens nicht. Zumindest wird vom Gutachter festgestellt, dass „die CDU seit der Landtagswahl im Jahr 2009 die erste Landtagsfraktion in den neuen Bundesländern (ist), die ohne ehemalige Blockparteimitglieder auskommt“.

21. Der Gutachter übernimmt ohne weiteren Beleg und eigene Recherche, dass die Maßgabe des ehemaligen Fraktionschefs Diestel in der Brandenburger CDU immer noch gelte, „dass die Mehrheit der Parteibasis wegen eigener ehemaliger Blockparteizugehörigkeit“ gegen eine stärkere Aufarbeitung der Vergangenheit ist.

22. Der Gutachter Wunnicke konfrontiert des Öfteren Äußerungen von Funktionären der CDU mit ihren Äußerungen in der DDR. Während der Gutachter Niemann offenbar davon ausgeht, dass sich Personen in ihren Anschauungen geändert haben (können) und entsprechende Zitate nicht bringt, überlässt der Gutachter Wunnicke die Bewertung der zum Teil gegensätzlichen Äußerungen von CDU-Funktionären aus der Zeit vor und nach 1989 dem Leser. Kriterien, nach denen beurteilt werden könnte, ob sich ehemalige Funktionsträger der DDR in den letzten zwanzig Jahren in ihren Anschauungen geändert haben, finden sich in beiden Gutachten nicht.

23. Geradezu absurd ist die Interpretation einer Aussage der ehemaligem Parteivorsitzenden Johanna Wanka durch den Gutachter. Diese schloss in einem Interview eine pragmatische Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke in Kommunen nicht aus. Der Gutachter deutet dies als Nicht-Verbot der Kooperation mit der Partei Die Linke. Außerdem wird bei ihm aus der Zusammenarbeit in Kommunen die Zusammenarbeit auf kommunaler und regionaler Ebene. Aus einigen Einzelfällen schließt der Gutachter zudem, „dass jegliche formalen Aufnahme- und Aufstiegsbeschränkungen für ehemalige SED-Mitglieder in der brandenburgischen CDU aufgehoben sind“. Eine derart weitgehende Behauptung müsste quantitativ belegt werden.

24. Erneut ohne Beleg behauptet der Gutachter, die CDU Brandenburg habe eine Geschichtsauffassung, „dass für die Verbrechen der SED-Diktatur vor allem das Ministerium für Staatssicherheit verantwortlich sei“. Weiter heißt es, ohne Zahlen zu nennen, die CDU sei „wenig von der MfS-Verstrickung ihrer Führungskräfte betroffen“. Eher am Rande erwähnt der Gutachter, dass dem derzeitigen geschäftsführenden Parteivorstand kein ehemaliges Mitglied einer Blockpartei angehört und damit ein Elitenwechsel vollständig abgeschlossen sei.

25. Am Beispiel des Wahlbündnisses von CDU und PDS in Cottbus referiert der Gutachter zu Recht die Konflikte innerhalb der Partei hinsichtlich dieser Frage. Da in den beiden anderen Gutachten die Bündnisfrage nicht thematisiert wird, entsteht hier wieder eine Schieflage. So bleibt die Einstellung der anderen Parteien zu Bündnissen mit der PDS/Die Linke auf kommunaler und regionaler Ebene seit 1990 offen. Angesichts der jetzigen Regierungskoalition stellt sich für die SPD diese Frage nicht, wohl aber für die FDP und die Bündnisgrünen.

26. Die Darstellung zur FDP und zu ihrem Umgang mit der Vergangenheit enthält nichts Neues, sondern referiert im Wesentlichen die Sekundärliteratur und Presseberichte. Aber auch hier hat nach Auffassung des Gutachters ebenso wie bei der CDU auf der Ebene der Parteispitze ein Elitenwandel stattgefunden. Der Gutachter kritisiert m.E. zu Recht, dass sich FDP und CDU nicht hinreichend mit ihrer Vergangenheit als Blockpartei in der DDR auseinandergesetzt haben.

27. Anders als sein Mitgutachter Niemann schließt der Gutachter Wunnicke sein Gutachten mit diskussionswerten Empfehlungen. Diese müssten freilich um Empfehlungen an die Partei Die Linke und die Bündnisgrünen ergänzt werden.

28. Das dritte Gutachten untersucht personelle Kontinuität und Elitenwandel bei der SPD und den Bündnisgrünen. Obschon es keine institutionelle Kontinuität bei den beiden untersuchten Parteien gab, gibt es doch eine Vielzahl von Personen, die mit der sozialistischen Diktatur in der Weise verstrickt waren, dass sie vom MfS in die Bürgerbewegungen und die SDP eingeschleust oder dort rekrutiert wurden. Der Gutachter weist zu Recht darauf hin, dass gerade an der Spitze von oppositionellen Organisationen und Parteien, aber auch von Blockparteien, Stasi-belastete Personen 1989/90 platziert waren. Dieses Thema bedarf noch einer weiteren Erforschung über Brandenburg hinaus.

29. Breiten Raum nimmt in dem Gutachten die Auseinandersetzung um den ehemaligen Ministerpräsidenten Stolpe und seine Kontakte zum MfS ein. Allerdings wird nur Altbekanntes referiert.

30. Das Gutachten von Neubert enthält weder eine Literaturliste noch eine Zusammenfassung, in der er die Stasi-Verstrickungen von Funktionären der beiden von ihm untersuchten Parteien quantitativ und qualitativ einordnet. Angesichts dessen ist ein Vergleich mit den beiden anderen Gutachten überhaupt nicht möglich.

31. Die an die drei Teilgutachten angefügte Gesamtzusammenfassung enthält keine vergleichende Betrachtung und Einordnung der Ergebnisse, sondern nur einige Fragmente aus den Teilgutachten. Speziell das Hauptthema des Gutachtens – die Bewertung der personellen Kontinuität und des Elitenwandels – wird nicht vergleichend ausgeführt. Nur am Rande sei angemerkt, dass nicht einmal die Seitenzahlen im Text mit denen im Inhaltsverzeichnis übereinstimmen.

Nach dem aufmerksamen Lesen der drei Gutachten drängt sich der Eindruck auf, dass die Autoren eine Rohfassung abgegeben haben, deren Teile nicht einmal ansatzweise miteinander harmonisieren. Es gibt zudem keinerlei Auskünfte der Autoren über ihren eigenen (partei-)politischen Standpunkt und mögliche Interessenkonflikte und nur marginale Einschätzungen des Forschungsstandes. Keiner der drei Autoren erklärt ausreichend, was er unter Elite versteht, obschon die Autoren von einem gelungenen Elitenwandel oder einem „Elitenwandel an der Basis“ sprechen. Vor allem aber fehlt es an gemeinsamen Bewertungskriterien bei der Betrachtung der vier Parteien.

Anders als überwiegend in der Presse berichtet, lässt sich bei einer vergleichenden Betrachtung folgendes Ergebnis festhalten: Die höchste personelle Kontinuität und den geringsten Elitenwandel gab es in der PDS/Die Linke. CDU und FDP haben nach anfänglichen Schwierigkeiten und vielen innerparteilichen Auseinandersetzungen den Elitenwandel vollzogen und weisen, bezogen auf das Führungspersonal und Mandatsträger auf regionaler Ebene, eine nur noch geringe personelle Kontinuität mit und zu DDR-Zeiten auf. SPD und Bündnisgrüne hatten zwar mit Stasi-Belastungen und -Verdächtigungen führender Mitglieder zu kämpfen, haben aber inzwischen auch eine nur sehr geringe personelle Kontinuität. Allen drei Gutachten ist nicht zu entnehmen, wie und nach welchen Kriterien sich die Parteien mit der DDR und der Rolle ihrer eigenen Partei auseinandersetzten. Eine häufige Beschäftigung mit der DDR, wie sie der Gutachter für die PDS/Die Linke konstatiert, bedeutet selbstverständlich noch nicht per se einen kritischen Umgang mit der sozialistischen Diktatur. Es bleibt unverständlich, warum die für die Vergabe des Gutachtens verantwortlichen Berichterstatter und das Sekretariat der Enquete-Kommission die Gutachter nicht aufgefordert haben, einheitliche Kriterien und Definitionen für ihre Analysen aufzustellen. Die frühzeitige Weitergabe der drei Gutachten an die Presse und die Übernahme der nicht belegten und begründeten Bewertung der PDS/Die Linke durch den Gutachter Niemann haben in der Öffentlichkeit zu einem falschen Eindruck hinsichtlich der Frage der personellen Kontinuität und des Elitenwandels in den Brandenburger Parteien geführt. Die Enquete-Kommission sollte die drei Gutachter auffordern, dass sie ihre Empfehlungen erweitern und tabellarische Übersichten zur personellen Kontinuität und Elitenwandel erstellen, die einen quantitativen Vergleich zwischen den Parteien ermöglichen.

Prof. Dr. Klaus Schroeder

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