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Brandenburg: Polizeischüler verzweifelt gesucht

Bewerber an der Fachhochschule Oranienburg sind oft zu unsportlich oder können nicht richtig Deutsch

Oranienburg - Viele sind unsportlich, teils zu dick, haben Defizite in Deutsch und schreiben „Auftreten“ mit Doppel-t. Brandenburgs Polizei hat Probleme, unter tausenden Bewerbern geeigneten Nachwuchs zu finden. Nur wenige schaffen die Aufnahmeprüfung an der Fachhochschule in Oranienburg.

„Manchmal wundert man sich schon, wer sich hier so bewirbt“, sagt Linda Bergel. Die Chefin für Personalauswahl führt die Bewerbungsstatistik, und die sieht von Jahr zu Jahr schlechter aus. Bundeswehr, Bundespolizei und andere Länderpolizeien buhlen um mehr oder weniger dieselben jungen Leute, und seit Jahren sinkt die Zahl derjenigen, die sich in Oranienburg bewerben. 2005 waren es noch 5718, ein Jahr darauf 4625 und 2007 noch 4108. Im vergangenen Jahr wurde die Bewerbungsfrist sogar von Oktober auf Ende November verlängert – dennoch landeten nur 3700 Bewerbungen auf Bergels Schreibtisch.

Für die Ausbilder bedeutet das vor allem eins: Die Auswahl wird kleiner. Von den 1448 Männern und 873 Frauen, die zur Aufnahmeprüfung für den kürzlich gestarteten Ausbildungsgang für den gehobenen und mittleren Dienst erschienen, kamen gerade 578 durch. Auch von diesen sprangen dann wieder so viele ab, dass Bergel die 189 Polizeischülerstellen besetzen musste, ohne eine Auswahl der besten Bewerber treffen zu können.

Dabei klingen die Anforderungen so schwierig nicht: Wer sich bei der Polizeifachhochschule bewirbt, muss mehrere Prüfungen bestehen und sich in Einzel- sowie Gruppengesprächen bewähren. Am Anfang steht ein Persönlichkeitstest, der zeigen soll, dass die Bewerber in Stresssituationen den Überblick behalten und keine Draufgängertypen sind. „Risikohafte Verhaltensweisen ausschließen“, nennt Personalchefin Bergel das. Und das scheint nötig zu sein. Rund 50 Prozent der Männer und 65 Prozent der Frauen haben die Psycho- und Intelligenztests 2008 nicht bestanden.

Die übrigen mussten ein Diktat mit rund 300 Wörtern schreiben. Hier fielen weitere 12 Prozent der Teilnehmer durch, bei den Männern lag die Quote sogar bei 25 Prozent. „Es ist schon ein Trauerspiel, wenn da 40 bis 60 Fehler auftreten“, sagt Bergel. Man stelle sich vor, wenn die Polizisten später in einem Aktenvermerk für die Staatsanwaltschaft „Fahrrad“ mit t schreiben würden – „das wäre ganz schön happig“.

Da auch die Schulbildung derer, die durchkommen, oft noch eklatante Mängel aufweist, wurde an der Brandenburger Polizeischule schon vor Jahren der Deutsch- und auch der Mathematikunterricht wieder eingeführt. „Eigentlich sollte man erwarten, dass wir von den Schulen grundlegend ausgebildete Jugendliche bekommen – aber die Bildungseinrichtungen erfüllen ihre Aufgaben nicht“, klagt ein ranghoher Ausbilder in Oranienburg. Ähnliches über den Bildungsstand der Schulabgänger berichten Jahr für Jahr die Industrie- und Handels- sowie die Handwerkskammern.

Nach Persönlichkeits- und Deutschtest kommt noch die Sportprüfung. „Was wir hier erwarten, sind nur Minimalanforderungen“, sagt Gisela Lewin-Schöne, Sportlehrerin an der Polizeischule. Dennoch erfüllten 2008 bis zu 30 Prozent der Teilnehmer die Anforderungen nicht.

Alexander Fröhlich

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