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Michael Stübgen (CDU), Minister des Innern und für Kommunales, spricht während einer Pressekonferenz.

© dpa/Soeren Stache

Flüchtlinge in Brandenburg: Innenminister will 1500 Menschen in Containern unterbringen

Michael Stübgen (CDU) will mit Wohncontainern die Erstaufnahmen im Land erweitern, um die Kommunen zu entlasten. Doch das stößt auf Kritik.

Um die Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu entlasten, will Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) nun Wohncontainer für 1500 Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Wünsdorf errichten. Das gab das Potsdamer Innenministerium am Freitag bekannt.

„Eine kurzfristige Erweiterung der Unterbringungskapazitäten muss zwingend an den drei bestehenden Hauptstandorten der Erstaufnahmeeinrichtung realisiert werden“, sagte Stübgen. Nur dort sei eine schnelle Betriebserweiterung aufgrund bestehender Dienstleistungsverträge überhaupt möglich. „Und eine schnelle Erweiterung ist der einzig gangbare Weg, um die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung zügig zu entlasten.“

Kenia-Koalition streitet um Unterbringung

Um die Unterbringung besonders von Menschen mit geringer Bleibeperspektive gibt es seit Langem Streit in der Brandenburger Kenia-Koalition. Die CDU hatte eine eigene Landeseinrichtung zur Unterbringung dieser Menschen gefordert. Bei den Koalitionspartnern biss sie damit aber auf Granit. Als Kompromiss einigte man sich auf die Schaffung von 3000 neuen Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Neben der Ankündigung der Container-Unterkünfte musste Stübgen am Freitag indes einräumen, die verbleibenden 1500 Plätze erst zum Jahresende realisieren zu können: Dafür fehle ein geeigneter Standort.

Was der Innenminister heute verkündet hat ist kein Konzept, und es ist vor allem nichts Neues.

Petra Budke, Grünen-Fraktionschefin im Brandenburger Landtag

„Nun verkauft der Innenminister die Schaffung von 1500 Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen als Erfolg“, sagte die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige am Freitag. „Dass gerade er die seit Jahren gut funktionierende Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain mit 1090 Plätzen gegen die Wand gefahren hat und diese zum 30. Juni 2023 geschlossen wird, verschweigt er dabei.“ Statt in einer gut ausgebauten Einrichtung würden Geflüchtete nun in hastig errichteten Containerunterkünften untergebracht. „Von den versprochenen 3000 zusätzlichen Plätzen in der Erstaufnahme sind wir jedoch weit entfernt.“

Kritik von allen Seiten

Und das ist nicht nur die Meinung der oppositionellen Linken. Vielmehr sieht das selbst Stübgens Koalitionspartner so: „Jetzt rächt es sich, dass Innenminister Stübgen die Erstaufnahmeplätze in Doberlug-Kirchhain ohne Not aufgegeben hat und im Brandenburg-Paket keine ausreichende finanzielle Vorsorge getroffen hat“, sagte Grünen-Fraktionschefin Petra Budke am Freitag auf Anfrage. „Was der Innenminister heute verkündet hat, ist kein Konzept, und es ist vor allem nichts Neues.“ Die kurzfristige Entlastung der Kommunen werde so nicht gelingen. „Das Modellprojekt zum Spurwechsel und Maßnahmen wie die gezielte Unterbringung von Familien in Wohnungen sorgen für eine grundlegende Veränderung der Situation und fördern die Integration.“

Damit spielt Budke auf ein Projekt an, dessen Realisierbarkeit derzeit im Potsdamer Integrationsministerium überprüft wird: Dabei soll es darum gehen, ob in Zusammenarbeit mit den Kommunen Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete mit geringer Bleibeperspektive geschaffen werden könnten, um diesen Menschen mit einer Ausbildung und einer Vermittlung in den Arbeitsmarkt doch noch ein Bleiberecht zu verschaffen.

Integrationspolitisch bringt solch ein Modellprojekt viele Chancen und Vorteile und kann Kommunen mittelfristig entlasten.

Gabriel Hesse, Pressesprecher im Potsdamer Integrationsministerium

Wie Pressesprecher Gabriel Hesse dieser Zeitung sagte, sei man dazu mit einer Reihe von Kommunen im Gespräch. „Integrationspolitisch bringt solch ein Modellprojekt viele Chancen und Vorteile und kann Kommunen mittelfristig entlasten“, so Hesse. „Wenn es gelingt, die Menschen in Arbeit und Ausbildung zu bringen, wird die Möglichkeit für ein selbstständiges Leben außerhalb von kommunalen Gemeinschaftsunterkünften eröffnet.“ So würden Kommunen und Sozialsystem gleichermaßen entlastet. Das würde auch die Akzeptanz der Unterbringung von geflüchteten Menschen verbessern.

Gleichzeitig wächst im Land der Druck der Kommunen, die die vom Land umverteilten Flüchtlinge nur noch schwer unterbringen und betreuen können. Ein Flüchtlingsgipfel von Landkreisen, kreisfreien Städten und dem Landeskabinett scheiterte vor einigen Wochen spektakulär. Zumindest der Stadt Frankfurt (Oder), vermutlich aber auch den beiden anderen von den Containerbauten betroffenen Kommunen, hat Stübgen nun offenbar große Versprechungen gemacht.

Der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke (Linke), erklärt jedenfalls gegenüber dieser Zeitung, der Minister habe ihm versichert, dass die Zahl der zusätzlich in der Erstaufnahme untergebrachten Flüchtlinge auf die Zahl der nach Frankfurt verteilten Flüchtlinge angerechnet werde. In der Pressemitteilung des Ministeriums vom Freitag war davon freilich keine Rede. „Ich hoffe, dass die Zusage Bestand hat, dass auf die Erstaufnahme das Aufnahmesoll gegengerechnet wird“, sagte Wilke.

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