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Ein Wahlplakat des sächsischen SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Matthias Ecke.

© dpa/Robert Michael

Update

Zum Schutz von Politikern: Innenminister wollen härtere Strafen prüfen und verurteilen Angriffe

Nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke wollen Bund und Länder solche Taten härter bestrafen und legen Vorschläge vor. Die Initiativen dafür kamen aus Bayern und Sachsen.

Die Innenminister von Bund und Ländern halten zum besseren Schutz von Politikern und Wahlkämpfern auch eine Verschärfung des Strafrechts für sinnvoll. Das sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen (CDU), am Dienstag nach einer Videokonferenz. Die Ressortchefs unterstützten nach seinen Angaben zwei Bundesratsinitiativen aus Bayern und Sachsen.

Anlass für die Konferenz waren vor allem gewaltsame Angriffe wie auf den sächsischen SPD-Europapolitiker Matthias Ecke im Wahlkampf in Dresden. Die Innenminister verurteilten die Angriffe. „Die erneuten Übergriffe stehen für eine gesellschaftliche Entwicklung, mit der die Menschen nicht nur mit Worten, sondern mit Gewalt, Hass und Hetze politische Ziele durchzusetzen versuchen“, sagte Stübgen.

„Das gefährdet unsere Demokratie, unseren freiheitlichen Rechtsstaat insgesamt.“ Es könne Menschen Angst machen, ihre Meinung zu sagen und sich einzusetzen. „Die Polizei kann dabei die Verrohung im politischen Diskurs nicht alleine verhindern.“ Nötig sei eine breite gesellschaftliche Diskussion, die weit über die Zuständigkeit der Innenminister hinausgehe.

Die Innenminister stellten sich hinter eine Bundesratsinitiative von Bayern aus dem vergangenen Jahr, die eine höhere Strafzumessung zum besseren Schutz von ehrenamtlich aktiven Menschen vorsieht. Sie warben auch für eine Bundesratsinitiative Sachsens, die das Kabinett erst am Dienstag beschlossen hatte.

Im Kern geht es dabei um einen neuen Straftatbestand, der die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch politisches Stalking ahnden soll. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor bedrohlichen Übergriffen auf ihr Privatleben geschützt werden.

Im Beschluss fordern die Ministerinnen und Minister die Justizministerkonferenz zur Prüfung auf, ob „die bewusste Verbreitung von Desinformation mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung oder Gewalteskalation strafwürdiges Unrecht darstellen“.

Faeser spricht von einer Zäsur

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete den Übergriff auf Ecke am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ als Zäsur. „Wir haben heute entschieden in der Innenministerkonferenz, dass es Strafverschärfungen geben soll“, sagte die SPD-Politikerin. Sie werde sich dafür bei Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einsetzen.

Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin.

© dpa/Georg Wendt

Zugleich sagte Faeser, dass die Verschärfung des Strafrechts nur eine Maßnahme sei. Es brauche unter anderem schnellere Verfahren der Justiz, um Tätern schnell Grenzen aufzuzeigen. Wichtig sei auch, dass alle Straftaten angezeigt und konsequent verfolgt würden. Sie verwies auf die nächste Sitzung der Innenministerkonferenz, bei der das Thema noch einmal vertieft werden müsse.

„Aber sie kann Schutzkonzepte anpassen.“ Der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl in Sachsen, Matthias Ecke, war am Freitag von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen worden, als er Wahlplakate anbringen wollte.

Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen rechnet zumindest einen dem rechten Spektrum zu. Kurz vor dem Angriff auf Ecke hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe einen Grünen-Wahlkampfhelfer verletzt.

Weiterer Übergriff auf Grünen-Politikerin

Am Dienstagabend meldete die Polizei einen weiteren Übergriff in Dresden: Zwei Personen attackierten eine Grünen-Politikerin, als diese Wahlplakate aufhing. Polizisten stellten kurz darauf eine 24-Jährige und einen 34-Jährigen als Tatverdächtige, wie die Polizeidirektion Dresden am Dienstagabend mitteilte.

Wer die Angegriffene ist, wollte ein Sprecher zunächst nicht sagen. Der Mann habe die Politikerin beiseitegestoßen, sie beleidigt und bedroht, die Frau habe die Politikerin angespuckt. Weil die beiden zuvor bei einer Gruppe gestanden haben sollen, aus der heraus der Hitlergruß gezeigt worden sein soll, werde außerdem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen sie ermittelt. Beide Verdächtige blieben auf freiem Fuß, wie der Polizeisprecher sagte.

Sachsens Innenminister Armin Schuster sagte im ZDF-„Heute Journal“, es gebe immer häufiger Bedrohungen gegen kommunale Amts- und Mandatsträger. „Da wird Angst verbreitet und da wird auf diese Menschen Einfluss genommen.“ Wenn bei dieser Verrohung nicht eingegriffen werde, könnten Angriffe wie in Dresden die Folge sein.

Armin Schuster (CDU), Innenminister von Sachsen.

© dpa/Sebastian Kahnert

Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) sprach von einem starken und geschlossenen Signal gegen eine Verrohung, Hass und Hetze. „Ich halte es daher für konsequent, Angriffe, die sich auch gegen unsere demokratischen Grundwerte richten, schärfer zu ahnden und die den Taten zugrunde liegende verwerfliche Gesinnung in das Strafmaß einzubeziehen“, sagte Poseck.

Statistik zeigt mehr Straftaten gegen Abgeordnete

Im Jahr 2023 gab es laut Faeser 2710 Straftaten gegen Mandatsträger, 53 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie betonte: „Auch Angriffe gegen AfD-Politiker sind nicht hinnehmbar.“ Sie sprach von einer „Eskalation antidemokratischer Gewalt“. Die Spirale von Hass und Gewalt müsse gestoppt werden.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) rief Bürgerinnen und Bürger auf, der Polizei Hinweise zu geben, auch auf die Zerstörung von Wahlplakaten. Die Verschärfung von Gesetzen habe zwar nicht den Schwerpunkt der Beratungen gebildet, es könne aber sein, „dass wir auch das gesetzliche Schutzniveau noch einmal betrachten“.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ermunterte Betroffene, sich frühzeitig an die Polizei zu wenden. Er sagte, niemand müsse sich Beleidigungen und Bedrohungen gefallen lassen.

Laut Herrmann haben die Ressortchefs vereinbart, bei der Innenministerkonferenz im Juni darüber zu sprechen, ob es zusätzlicher Anstrengungen bedarf, um den Schutz aller Beteiligten rund um die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst zu gewährleisten. (dpa)

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