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Der iranische Prräsident Ebrahim Raisi sitzt dem russischen Außenminister Sergei Lavrov während einer Konferenz gegenüber.

© Foto: Iranian Presidency / AFP

Ukraine-Invasion Tag 251: Der Iran wird zum Nebenkriegsschauplatz

Der Iran liefert weitere Waffen, Putin stellt Bedingungen für Rückkehr zu Getreideabkommen. Der Überblick am Abend.

Der US-Fernsehsender CNN berichtet (Quelle hier), dass der Iran Boden-Boden-Raketen und weitere Drohnen an Moskau liefern will. So weit, so bekannt (mehr hier). Interessant ist die Gesamtstückzahl der Lieferung von 1.000 Waffen, die im Bericht genannt wird. Das wäre tatsächlich signifikant.

Um die Zahl einzuordnen: Bisher wurden rund 300 iranische Drohnen für Angriffe auf die Ukraine verwendet. Weit mehr als 200 wurden von der Luftabwehr abgeschossen. Die restlichen richteten erhebliche Schäden unter anderem bei der ukrainischen Energieversorgung an.

An Präzisionsraketen verbleiben Russland nach ukrainischen Angaben nur noch rund 600 von ursprünglich 1800 Stück, bei einigen Modellen muss Russland jetzt schon die strategische Reserve anzapfen. 

Der Iran wird mit seiner Unterstützung für Russland im wahrsten Wortsinn zum Nebenkriegsschauplatz. Die USA machen keinen Hehl daraus, dass sie unter diesen Umständen kein Interesse daran haben, das Atomabkommen fortzusetzen.

Das könnte wiederum Israel auf den Plan rufen, gegen den Iran vorzugehen, wenn das Land demnächst tatsächlich Nuklearraketen bauen sollte. 

Hinzu kommt: Wenn der Iran an Russland reichweitenstarke Raketen liefert, warum können das nicht ebenso die westlichen Staaten bei der Ukraine tun? Das prominenteste Beispiel sind die Atacms-Raketen, die von Himars-Raketenwerfern abgefeuert werden können und mehrere hundert Kilometer Reichweite haben.

Mit ihnen könnte die Ukraine alle Ziele in den besetzten Gebieten treffen, inklusive der Krim. Der Kreml bezeichnete eine Lieferung reichweitenstarker Raketen an die Ukraine zuletzt als „rote Linie“. Für Moskau selbst scheint die rote Linie nicht zu gelten.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Putin nennt Bedingungen für Rückkehr zu Getreideabkommen: Nach einem Drohnenangriff auf die russische Schwarzmeerflotte hatte Russland das Abkommen zum Export von ukrainischen Getreide ausgesetzt. Eine Wiederaufnahme wird an Bedingungen geknüpft. Mehr hier.
  • Gaspreisbremse soll schon ab Februar 2023 wirken: Die Bundesregierung hatte angekündigt, eine Gaspreisbremse ab März umzusetzen. Die Länderchefs sehen eine „Winterlücke“. Nun macht das Kanzleramt einen neuen Vorschlag. Mehr hier.
  • Der russische Milliardär Tinkow verzichtet auf seine russische Staatsbürgerschaft. Der Banker will nicht mit einem „faschistischem Land“ in Verbindung gebracht werden. Mehr hier.
  • So kommt gestohlener Weizen aus der Ukraine in die Welt: Widersprüchliche Frachtpapiere, ausgeschaltete Transponder und Käufer, die spontan von Deals zurücktreten. Die „Financial Times“ hat die Irrfahrt des Getreidefrachters Pawell nachgezeichnet. Mehr hier.
  • Russland verfolgt offenbar das Ziel, die Ukraine und ihre westlichen Partner zu zermürben. Präsident Putin hofft Experten zufolge auf einen Wendepunkt im Winter. Mehr hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf Hilfe der EU bei der Wiederherstellung des durch russische Angriffe schwer angeschlagenen Energienetzes in seinem Land. 40 Prozent des Energiesystems seien zerstört, sagte der Staatschef bei einem Treffen mit der EU-Energiekommissarin Kadri Simson am Dienstag in Kiew. Bei der Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur sollte die EU-Kommission eine koordinierende Rolle spielen, regte Selenskyj an. Mehr in unserem Liveblog.
  • Der Iran und Russland vertiefen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dafür unterzeichneten Vertreter beider Länder am Dienstag vier Absichtserklärungen, wie iranische Staatsmedien und die russische Regierung erklärten. Insbesondere im Bereich Energie soll die Kooperation ausgebaut werden. Iran hofft demnach auf Investitionen in die landeseigene Öl- und Gaswirtschaft, die von internationalen Sanktionen getroffen ist. 
  • Die russische Besatzung im ukrainischen Gebiet Cherson lässt nach dem Nordufer des Flusses Dnipro jetzt auch einen Streifen am Südufer von Zivilisten räumen. Die Aktion werde in höchstens drei Tagen abgeschlossen sein, sagte Verwaltungschef Wladimir Saldo am Dienstag im russischen Fernsehen. Es gehe um einen 15 Kilometer breiten Streifen auf dem südlichen Ufer. Saldo machte keine Angaben zur Zahl der Zivilisten in dem Gebiet. 
  • Nach den massiven russischen Raketenangriffen auf Kiews Infrastruktur hat die Wasser- und Stromversorgung in der ukrainischen Hauptstadt am Dienstag wieder funktioniert. „Die Wasserversorgung der Häuser der Kiewer Bürger wurde vollkommen wiederhergestellt“, erklärte Bürgermeister Vitali Klitschko. Unterdessen nahm die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) nach russischen Vorwürfen, die Ukraine baue eine „schmutzige Bomben“, ihre Untersuchungen in der Ukraine auf. 
  • Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat eine Fortsetzung der Raketenangriffe auf die ukrainische Infrastruktur angekündigt. Damit würden „effektiv“ Objekte zerstört und das militärische Potenzial der Ukraine reduziert, sagte Schoigu am Dienstag bei einer Militärsitzung in Moskau. 
  • Der französische Präsident Emmanuel Macron hat der Ukraine Hilfe bei der Reparatur der Wasser- und Energieinfrastruktur zugesagt, die durch die russischen Angriffe schwer beschädigt wurde. Frankreich werde der Ukraine helfen, den Winter zu überstehen und auch die ukrainische Luftabwehr stärken, teilt Macron nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit. 
  • Ein Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Beendigung der Teilmobilmachung von Reservisten ist nach Darstellung des Präsidialamtes nicht nötig. Die Rechtsabteilung der Präsidialverwaltung sei zu ihrer abschließenden Einschätzung gekommen, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor der Presse. „Die Teilmobilmachung ist abgeschlossen.“ Auf die Frage, ob Putins Dekret vom 21. September zur Teilmobilmachung in Kraft bleibe, antwortet er: „Nein.“
  • Nach seinem Vorwurf, Großbritannien stecke hinter den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines, prüft Russland nun mögliche weitere Schritte. Das teilt das Präsidialamt in Moskau mit, nennt aber keine Einzelheiten.
  • Der Chef der russischen Söldnertruppe „Wagner“ Jewgeni Prigoschin spricht sich dafür aus, die Kinder der russischen „Oligarchen und andere Vertreter der Eliten“ in den Ukraine-Krieg zu schicken. Mit ihrem „Zustand der Bequemlichkeit“ würden sie die vollständige Mobilisierung der russischen Gesellschaft verhindern, hieß es am Montag auf seinem Telegram-Kanal. „Bis ihre Kinder in den Krieg ziehen, wird die vollständige Mobilisierung des Landes nicht stattfinden.“
  • Nach einem Tag mit schweren russischen Raketenangriffen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Erfolge der Flugabwehr unterstrichen. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft am Montagabend. Sein Land brauche weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft, forderte er. Aber schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher.

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