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Ein Meeting in Sankt Petersburg.

© Foto: REUTERS/ Sputnik

Tag 224 der Ukraine-Invasion : Der Kreml setzt der innerrussischen Kritik Grenzen

Selenskyj fordert mehr Waffen von der EU + Biden warnt vor „Apokalypse” + Ukraine sagt sich ergebenden Soldaten Schutz zu. Der Überblick am Abend.

In Anbetracht der Rückschläge für die russischen Truppen in der Ukraine hatte sich die Kritik am Kurs Moskaus in den vergangenen Tagen noch einmal verschärft. Mit dabei sind russische Milblogger, die immer wieder eine radikalere Kriegsführung gefordert hatten. Experten hatten sich daher gefragt, wie lange und in welchem Umfang der Kreml solche Kritik zulassen würde.

Dass das russische Fernsehen nun über Niederlagen der Russen berichtet (mehr im unten stehenden Nachrichtenüberblick) und Verteidigungsminister Sergej Schoigu öffentlich zum Sündenbock gemacht wird (wie hier auch mein Kollege Daniel Krause schreibt), bedeutet längst nicht, dass der Kreml alles zulässt. Im Gegenteil.

Am 5. Oktober, so berichtet das US-Thinktank „Institute for the Study of War", haben russische Behörden den Leiter mehrerer Milblogger-Telegram-Kanäle festgenommen. Für die Experten deutet das darauf hin, dass der Kreml damit Grenzen für die innerrussische Kritik setzt. Denn in einem Kanal, den der Festgenommene Alexej Slobodenyuk leitet, wurden etwa der russische Außenminister Sergej Lawrow, der Sprecher der Staatsduma Wjatscheslaw Wolodin und der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kritisiert. Während Kritik an Schoigu also nun offen erlaubt zu sein scheint, gilt dies noch längst nicht für andere in Putins Machtzirkel.

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Vorkämpfer für die Menschenrechte in Belarus, Russland und der Ukraine erhalten in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Der Preis geht an den inhaftierten belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatzki, die russische Organisation Memorial und das ukrainische Center for Civil Liberties. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • US-Präsident Joe Biden spricht von der Gefahr einer „Apokalypse“: Angesichts der russischen Drohungen um den Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Konflikt sei das Risiko einer nuklearen „Apokalypse“ so hoch wie zuletzt in der Kubakrise 1962, sagte er in New York. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen Appell an die Staats- und Regierungschefs von mehr als 40 europäischen Ländern gerichtet. Per Video forderte er weitere Waffenhilfen, um zu verhindern, „dass russische Panzer nach Warschau oder Prag fahren“. Die Details.
  • Der Angriff auf die Ukraine sei eine „tiefgreifende Zäsur“ gewesen, sagte Altkanzlerin Angela Merkel bei einem Festakt. Und zwar eine, „bei der wir alle gut beraten sind, Worte ernst zu nehmen und sich ernsthaft mit ihnen auseinander zu setzen und sie nicht von vornherein als Bluff einzustufen“. Mehr dazu hier.
  • Das russische Staatsfernsehen berichtet in letzter Zeit über Rückzüge und Niederlagen der eigenen Truppen in der Ukraine. Die Anweisung käme direkt aus dem Kreml, wie die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Hier lesen Sie die Details dazu.
  • Die Ukraine hat russische Soldaten zum Aufgeben aufgerufen und ihnen im Gegenzug Schutz zugesichert. Die Ukraine garantiere „Leben, Sicherheit und Gerechtigkeit für alle, die sofort den Kampf verweigern“, sagte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die russische „Gruppe Wagner” hat einen eigenen Telegramkanal aufgesetzt, um über den Kriegsverlauf berichten zu können. Das geht aus dem Bericht des US-amerikanischen Thinktanks „Institute for the Study of War“ (ISW) hervor.
  • Tschechien und die von Russland angegriffene Ukraine planen für den 31. Oktober eine gemeinsame Kabinettssitzung in Kiew. Themen seien die Auswirkungen der russischen Aggression und die Wiederaufbaupläne für das Land, sagte ein tschechischer Regierungssprecher.
  • Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat für die Einsetzung eines Sonderermittlers gestimmt, um mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen in Russland zu prüfen. Von den Ratsmitgliedern stimmten 17 für und sechs gegen die Resolution.
  • In den zurückeroberten Gebieten um Charkiw sind nach UN-Schätzungen rund 140.000 Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die meisten hätten kaum Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, Gas, Strom und medizinischer Versorgung, sagte ein Sprecher des UN-Nothilfebüros.
  • Zwei Russen sind per Boot auf eine zu Alaska gehörende Insel gelangt und haben Asyl in den USA beantragt. Dies teilten Alaskas Senatoren Lisa Murkowski und Dan Sullivan am Donnerstag (Ortszeit) mit.
  • Der russische Einsatz von Drohnen aus iranischer Produktion dürfte den Kriegsverlauf des Krieges nicht wesentlich beeinflussen, schreibt das ISW. Laut Ukraine habe Russland bislang 86 iranische Shahed-136-Drohnen eingesetzt, von denen die Ukraine bereits 60 Prozent zerstört hätte.
  • In Russland wächst die Kritik an der Militärführung. Der stellvertretende Leiter der von Russland unterstützen Verwaltung von Cherson, Kiril Stremousow, wirft den „Generälen und Ministern“ in Moskau vor, die Probleme an der Front nicht zu verstehen.

HINTERGRÜNDE UND ANALYSE

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