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Politik: Schily wirft Union bewußte Täuschung der Öffentlichkeit vor

BONN/BERLIN (bib/bew).Bundesinnenminister Schily (SPD) hat die Pläne der Regierung zur Reform des Staatsbürgerrechts verteidigt.

BONN/BERLIN (bib/bew).Bundesinnenminister Schily (SPD) hat die Pläne der Regierung zur Reform des Staatsbürgerrechts verteidigt.Schily nannte es am Mittwoch bei der Vorlage seines Arbeitsentwurfs eine bewußte Täuschung der Öffentlichkeit, wenn die Opposition so tue, als sollten massenweise Kriminelle, Verfassungsfeinde oder auf Sozialhilfe angewiesene Ausländer eingebürgert werden.Die Union legte ein eigenes Konzept und den Textentwurf für ihre Unterschriftenaktion vor.Justizministerin Däubler-Gmelin (SPD) kritisierte die Aktion scharf."Ich finde das schlimm, weil das Vorgehen der Union auf Spaltung der Bevölkerung gerichtet ist und Ausländerfeindlichkeit schürt", sagte sie dem Tagesspiegel.

Schily betonte, die alte Regierung habe 16 Jahre lang Zeit gehabt, das Staatsbürgerrecht zu erneuern.Er sei immer zu Gesprächen bereit, erwarte aber Argumente und nicht diffamierende Vergleiche.Die Regierung wolle ihren Gesetzentwurf bis Ende Juni durchs Parlament bringen.In einer zweiten Stufe solle das gesamte Rechtsgebiet neu geordnet werden.

Der Minister wies darauf hin, daß nach dem bereits am Vortag bekanntgewordenen Entwurf die Einbürgerung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft sei.So müsse sich der Bewerber schriftlich zur Grundordnung bekennen.Wer dies nur zum Schein tue, riskiere nachträgliche Aberkennung.Eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz beurteilte Schily aber skeptisch.Der Bewerber müsse sich zudem in Deutsch verständigen und seine Familie ernähren können.Allerdings gibt es hier Härtefallklauseln.Doppelte Staatsbürgerschaft bei Kindern wie Erwachsenen wird hingenommen.Nur der Eintritt als Söldner in eine fremde Armee, auch die französische Fremdenlegion, soll zum Verlust des deutschen Passes führen.

Die Grünen-Fraktionssprecherin Müller erklärte, ganz zufrieden sei sie mit dem Entwurf noch nicht.Lange in Deutschland lebende Ausländer sollten auch dann einen Anspruch auf Einbürgerung erhalten, wenn sie unverschuldet zu Sozialhilfe- oder Arbeitslosenempfängern geworden sind.Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Beck (Grüne), bezeichnete den Entwurf als "gute Arbeitsgrundlage" für die Reform.Kritik kam vom ehemaligen SPD-Fraktionschef Hans-Ulrich Klose.Für die Mehrheit der Ausländer in Deutschland würde die Reform keinen Fortschritt bei der Integration bedeuten, sagte Klose der "Zeit".Schily sagte, Klose gebe nur eine Einzelmeinung wieder.

Die Union legte am Mittwoch ein Konzept für eine "Einbürgerungsgarantie" für Ausländerkinder und einen Textentwurf für ihre geplante Unterschriftenaktion vor.Mit diesem Aufruf gegen die doppelte Staatsbürgerschaft will die CDU im Wahlkampf in Hessen schon ab dem Wochenende Unterschriften sammeln, obwohl die Spitzen von CDU und CSU darüber erst am 24.Januar beraten.Der frühere Münchener CSU-Chef Peter Gauweiler kritisierte die Aktion als "Instrument von Unmündigen" und forderte einen förmlichen Volksentscheid.

Die Justizministerin wandte sich gegen den Einwand von CDU und CSU, mit der doppelten Staatsbürgerschaft könne Mißbrauch getrieben werden.Das sei rechtlich kaum möglich, betonte sie."Das weiß die Union.Deshalb ist besonders schäbig, daß sie jetzt so tut, als könnten Ausländer etwas bekommen, was Deutschen verweigert wird." Däubler-Gmelin zeigte sich überzeugt, daß eine Klage gegen die doppelte Staatsbürgerschaft "nichts bringt".Das wisse auch die Union.Sie finde es empörend, daß die Union auch die Gerichte für ihre schädliche Politik instrumentalisieren wolle.

Durch die geplante Staatsbürgerschaftsrechtsreform können Millionen Ausländer Deutsche werden.Von den knapp 7,4 Millionen hier lebenden Ausländern hätten etwa vier Millionen einen Einbürgerungsanspruch.Derzeit haben rund neun Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine fremde Staatsangehörigkeit und damit auch keinen deutschen Paß und kein Wahlrecht.

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