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Rauchverbot: Nichtraucherschutz als Chefsache

Schwere Zeiten für Raucher: Immer mehr Politiker dringen auf ein gesetzliches Rauchverbot in Gaststätten. Kanzlerin Angela Merkel hat sich auf die Seite der Nichtraucher geschlagen und ist für einen besseren Schutz.

Berlin - Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) will, dass das Rauchen in allen öffentlichen Räumen tabu ist. Doch bevor es zu einem Rauchverbot kommt, muss klar sein, wie umfassend dieses sein soll und welche staatliche Ebene zuständig ist.

16,7 Millionen Raucher gibt es in Deutschland. Die Kanzlerin war selbst einmal Raucherin. "Das ist schon ein paar Jahre her", bekannte sie vor kurzem in einem Interview. "Ein Päckchen am Tag. Das war die Zeit, als noch 20 in einer Packung waren. Aber ich habe es aufgegeben, als ich einmal stark erkältet war." Doch in der großen Koalition gibt es auch aktive Raucher: Unions-Fraktionschef Volker Kauder etwa greift zur Zigarette, SPD-Fraktionschef Peter Struck stopft sich die Pfeife.

In der SPD-Fraktion gibt es Initiativen für ein gesetzliches Rauchverbot in Gaststätten. Der SPD-Abgeordnete Lothar Binding ist optimistisch, dass sein fraktionsübergreifender Antrag bald umgesetzt werden kann. Die Gesundheitspolitiker von Union und SPD beraten derzeit über einen Gruppenantrag. SPD-Gesundheitspolitikerin Carola Reimann kann sich ein Rauchverbot in Restaurants vorstellen, rät aber zu Realismus: "Es wird sicher immer eine verqualmte Eckkneipe geben."

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), begrüßt die Pläne. Doch bisher scheiterten solche Initiativen im Bundestag. "Die Mehrheit der Abgeordneten ist die Voraussetzung für eine gesetzliche Regelung für mehr Nichtraucherschutz", sagt Bätzing. Sie setzt zunächst auf die freiwillige Abmachung mit dem Hotel- und Gaststättenverband zur Schaffung von Nichtraucherplätzen bis 2008. Falls dies scheitert, droht Bätzing aber mit einem Gesetz.

Folgekosten: Bis zu 17 Milliarden pro Jahr

"Nichtrauchen liegt im Trend", heißt es im Drogenbericht 2006 der Bundesregierung. Die Folgen des Rauchens sind unstrittig: bis zu 140.000 tabakbedingte Todesfälle im Jahr und 17 Milliarden Euro gesellschaftlicher Folgekosten, heißt es im Gesundheitsministerium. Nach dem Drogenbericht sterben jährlich 3000 Bundesbürger durch Passivrauchen. Seehofer warnt: "Rauchen macht krank, und Mitrauchen, Passivrauchen auch." Ein Lichtblick: Bei Jugendlichen gilt Rauchen dem Bericht zufolge zunehmend als "uncool".

Für eine schärfere Regelung in Gaststätten wäre der Bund zuständig. Im Rahmen der Föderalismusreform ist allerdings vorgesehen, dass das Gaststättengesetz Ländersache wird. Einige Bundesländer wollen den Kampf gegen das Rauchen bereits verschärfen. Brandenburg plant in diesem Jahr ein Rauchverbot für öffentliche Landeseinrichtungen, Bremen ein Verbot in Krankenhäusern und Kinder- Tageseinrichtungen, Sachsen-Anhalt in Nahverkehrszügen. Bayern und Bremen wollen noch in diesem Jahr die Schulen vom blauen Dunst befreien - in der Hälfte der Bundesländer ist das bereits Realität.

Die Bundesregierung will zunächst das EU-Tabakwerbeverbot umsetzen, nachdem klar ist, dass die Klage des Bundes wegen der Frage der EU-Zuständigkeit wohl wenig Erfolg haben wird. Ein Blick in die europäischen Nachbarländer zeigt, dass Deutschland kein Vorreiter beim Nichtraucherschutz ist. In den meisten EU-Staaten gelten Rauchverbote in Gaststätten - wenn auch teils auf Zonen beschränkt. Die Kanzlerin findet es richtig, wenn Restaurants Nichtraucherzonen anbieten. "Wenn man erkältet ist oder wenn kleine Kinder da sind, dann kann das Rauchen schon eine sehr große Belastung sein." (Von Marc-Oliver von Riegen, dpa)

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