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Politik: Mugabe fordert Neuauszählung

Simbabwes Staatschef zweifelt Ergebnisse an, die noch gar nicht veröffentlicht sind – und schickt seine Schläger auf die Straße

Simbabwes Präsident Robert Mugabe ist selbst in aussichtsloser Lage noch für eine Überraschung gut. Eine Woche nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen forderte die Partei ZANU-PF des 84-Jährigen am Sonntag überraschend eine Neuauszählung der Stimmen. Am Vortag hatte sich Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt und Mugabes ZANU-PF eine Regierung der Nationalen Einheit angeboten. Das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl ließ in- des weiter auf sich warten. Das Oberste Gericht in Harare will an diesem Montag sein Urteil über einen Antrag der Opposition auf die unverzügliche Veröffentlichung des Wahlergebnisses fällen.

Doch auch bei der Parlamentswahl, die die Opposition klar gewonnen hat, stellen Mugabe und seine Partei nun die Ergebnisse in insgesamt 16 Wahlkreisen in Frage. Dies hätte jedoch eigentlich innerhalb von 48 Stunden nach Bekanntgabe der Resultate geschehen müssen. Noch merkwürdiger mutet es an, dass das Regime bereits jetzt offenbar die Ergebnisse der noch gar nicht veröffentlichten Präsidentschaftswahl in vier Wahlkreisen anficht und auch dort eine Neuauszählung verlangt – ein deutliches Indiz dafür, dass Mugabe auch diese Wahl womöglich klar gegen seinen Widersacher von der „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) verloren hat.

Aus diplomatischen Kreisen verlautete am Sonntag, dass sich Mugabe und sein Regime offensichtlich darauf vorbereiten würden, die eigentlich bereits verlorene Macht mit allen verfügbaren Mitteln zurückzuerobern. Am Freitag waren, eskortiert von der Polizei, erstmals seit langem wieder einige Verbände der sogenannten Kriegsveteranen durch die Hauptstadt Harare gezogen. Diese hatten bei den letzten Wahlen stets als bewaffnete Miliz für das Mugabe-Regime fungiert. Ein Sprecher der Veteranen warnte am Sonntag erneut davor, dass ihre Mitglieder gegen jeden vorgehen würden, der Mugabes Rücktritt fordere. Zeitgleich wurden Büros der Opposition in Harare durchsucht und zwei ausländische Journalisten inhaftiert, die ohne Akkreditierung im Land arbeiteten.

Vor allem das Regierungsblatt „Herald“ schürt nun Ängste: Erste weiße Großfarmer, heißt es dort, seien nach dem MDC-Wahlsieg bereits auf ihren alten Höfen erschienen und hätten den Farmarbeitern erklärt, sie würden alsbald zurückkehren. Genau das, so der „Herald“, würden die Kriegsveteranen aber nicht zulassen. „Dann haben wir keine andere Wahl, als unser Land mit der Waffe zu verteidigen”, wurde ein Veteran zitiert. Von den fast 7000 Großfarmen, die sich zur Jahrtausendwende noch in den Händen der damals etwa 4500 weißen Landwirte befanden, werden heute nur noch knapp 300 aktiv von ihnen bewirtschaftet. Die Zahl der Weißen insgesamt ist von rund 200 000 zur Zeit der Unabhängigkeit auf weniger als 50 000 geschrumpft. Anhänger Mugabes besetzten am Wochenende die Farmen von weißen Rinderzüchtern. Drei Farmer berichteten am Sonntag, sie seien von den radikalen Milizen mit Gewalt von Grund und Boden vertrieben worden. Ein vierter Farmer habe sich auf seinem Anwesen verschanzt und halte sich derzeit noch gegen rund 50 Militante.

Oppositionsführer Morgan Tsvangirai hat den Mitgliedern der Sicherheitskräfte, des Geheimdienstes, aber auch den „Kriegsveteranen“ Sicherheitsgarantien für den Fall einer friedlichen Machtübergabe gegeben. Es werde kein Aufrechnen und keine Rachsucht geben. Das Gleiche gelte auch für den Staatschef.

Doch auch nach einem politischen Neuanfang dürfte das Land nicht so schnell wieder auf die Beine kommen. Die Inflationsrate liegt derzeit bei über 100 000 Prozent, Grundnahrungsmittel sind knapp und die Arbeitslosigkeit grassiert. Einige Ökonomen sind der Ansicht, dass Regierungen selbst dann noch Steuern einziehen können, wenn sich die Preise jeden Monat verdoppeln. Geschieht dies jedoch wie in Simbabwe fast im Wochentakt, ist schnell der Punkt erreicht, an dem die Bevölkerung aus der eigenen Währung flieht. „Simbabwe ist auf dem besten Weg dorthin – und vieles deutet darauf hin, dass der Zeitpunkt jetzt unmittelbar bevorsteht“, sagt der Ökonom John Robertson.

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