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Politik: Kann Nordkorea zwei Atombomben bauen?

US-Zeitung: Pjöngjang hat ausreichend Plutonium / Nachbarn in Asien besorgt über Waffenprogramm

Peking. Der Verdacht, Nordkorea könnte über ein geheimes Atomwaffenprogramm verfügen, hat international Kritik hervorgerufen. Japans Regierung äußerte sich „tief besorgt" und forderte Pjöngjang auf, das Atomabkommen von 1994 einzuhalten. Nordkorea müsse „den Verdacht eines Nuklearprogramms" ernsthaft ausräumen, forderte Japans Premier Junichiro Koizumi. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werde dies die Normalisierungsgespräche zwischen Japan und Nordkorea behindern, sagte Regierungssekretär Yasuo Fukuda.

Südkoreas Präsident Kim Dae-Jong betonte, ein Atomwaffenprogramm Nordkoreas sei „unter allen Umständen unakzeptabel". Seoul werde die Vorwürfe Ende der Woche bei Ministergesprächen in Pjöngjang ansprechen. Auch Russland erklärte, dass es Nordkoreas Regierung konsultieren werde. In Peking hieß es, dass China grundsätzlich gegen die Stationierung von Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel sei.

Die USA hatten am Mittwochabend in Washington mitgeteilt, dass Nordkorea gegenüber einer hochrangigen US-Delegation Anfang Oktober die Existenz eines Atomwaffenprogramms eingestanden habe. Washington betrachtete dies als eine „schwerwiegenden Bruch" des Atomabkommens von 1994 sowie internationaler Verträge, sagte Außenamtssprecher Richard Boucher. Nordkoreas Regierung gab bislang keine Erklärung zu den Vorwürfen ab.

Einzelheiten über den Umfang des nordkoreanischen Atomprogramms wurden nicht bekannt. Die Regierung von US-Präsident George W. Bush gehe jedoch davon aus, dass Pjöngjang über genügend angereichertes Plutonium für mindestens zwei Atomwaffen verfüge, berichteten US-Medien.

Die Bush-Regierung, die Nordkorea neben dem Irak und Iran zur „Achse des Bösen" zählt, machte keine Angaben zu ihrem weiteren Vorgehen. „Wir suchen in dieser Situation nach einer friedlichen Lösung", betonte Boucher. Kein Land in Asien habe aber ein Interesse an einem „nuklearbewaffneten Nordkorea". Nach Angaben Bouchers soll Nordkorea das Eingeständnis beim Besuch von Vize-Außenminister James Kelly Anfang Oktober in Pjöngjang gemacht haben. Nordkoreas Regierung sei von Kelly mit neuen Informationen über die Anreicherung von Plutonium in Nordkorea konfrontiert worden. „Nordkoreanische Beamte haben eingestanden, dass ein solches Programm existiert", sagte Boucher. Die Schuld für diese Entwicklung hätte Nordkorea den USA zugeschoben. Nach amerikanischen Angaben hat Pjöngjang angedeutet, dass das Atomabkommen von 1994 (siehe Kasten) aus Nordkoreas Sicht ungültig sei.

Sollten die Vorwürfe Washingtons zutreffen, wäre dies ein gravierender Rückschlag für die Sicherheit in Asien und die Bemühungen, Nordkorea international einzubinden. Mit der so genannten „Sonnenscheinpolitik" versucht Seoul, Pjöngjang zu einer militärischen Entspannung zu überreden. Vor ein paar Wochen einigten sich beide Koreas, erstmals seit dem Krieg wieder gemeinsame Verkehrsverbindungen herzustellen. Auch Japan hatte angekündigt, Gespräche zur Normalisierung der Beziehungen zu Nordkorea aufzunehmen.

Harald Maass

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