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Die INS Vikrant, Indiens erster einheimisch produzierter Flugzeugträger. Foto: Imago/Xinhua

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Indiens Flugzeugträger: „Ein Mittel der Diplomatie“

Indien hat seinen ersten selbst gebauten Flugzeugträger in Betrieb genommen. Hier erklärt Experte Rahul Bhatia, warum das bedeutsam für das Land ist.

Herr Bhatia, vor einigen Wochen hat Indien die INS Vikrant in Dienst gestellt, einen im eigenen Land gebauten Flugzeugträger.
In Indienstnahme der INS Vikrant ist ein bedeutender Schritt für Indien. Er führt das Land in einen elitären Zirkel von Ländern, die in der Lage sind, einen Flugzeugträger zu bauen. Das Marineschiff selbst ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Die Vikrant wurde schon 2002 bestellt, und es hat 20 Jahre gebraucht, sie in Dienst zu nehmen. Nichtsdestotrotz verbessert die Vikrant die Fähigkeiten der indischen Marine erheblich und ist besonders wichtig für den Teil der Indian Armed Forces, der häufig stiefmütterlich behandelt wird.

Weshalb ist das so?
Indien ist hauptsächlich mit seinen Landgrenzen zu Pakistan und China beschäftigt. Um diese zu sichern, sind das Heer und die Luftwaffe von größerer Bedeutung. Das Ergebnis ist, dass das Heer einen Löwenanteil der Ressourcen bekommt, gefolgt von der Luftwaffe, danach erst kommt die Marine. Das ist ja auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, welche Kriege Indien in der Vergangenheit geführt hat.

Die meisten südostasiatischen Länder und China erhöhen ihre Militärausgaben. Inwiefern beeinflusst das Indien?
Indiens Militärausgaben steigen auch, aber seine Strategie bleibt unverändert. Indiens Hauptziel ist die Verteidigung seiner Grenzen zu Pakistan und China. Die Marine, die üblicherweise zwischen der Ostküste Afrikas und der Straße von Malakka operiert hat, strebt an, ein Sicherheitsgarant in der Region des Indischen Ozeans zu bleiben. Obwohl begonnen wurde, die Marine über den Indischen Ozean hinweg zu stationieren, bleiben die Kerngebiete, die Indien schützen möchte, die gleichen.

Welche Rolle spielt dabei ein Flugzeugträger?
Wie ich erwähnte, ist Indien ein Sicherheitsgarant in der Region rund um den Indischen Ozean, und es möchte auch seine Handelsrouten schützen. Ein Flugzeugträger ist dafür von Bedeutung, weil er dem Land ermöglicht, große Teile des Ozeans zu kontrollieren und Macht auszustrahlen.

Militärisch gesehen ist ein Flugzeugträger die einzige Plattform, die einer Oberflächenflotte, die weit vom indischen Festland entfernt operiert, zweierlei bietet: Luftabwehr und die Fähigkeit, U-Boote abzuwehren. Aber er liefert auch die Möglichkeit, Luftschläge durchzuführen. Außerdem ist ein Flugzeugträger ein Mittel, um militärische Diplomatie zu betreiben, da er bei Marineübungen mit Partnerländern eingesetzt werden kann. Ganz zu schweigen von der Prestigekraft, die er mit sich bringt.

Außergewöhnlich ist die INS Vikrant, weil sie in Indien gebaut wurde. Gibt es weitere solcher Beispiele beim indischen Militär?
Ja, viele Schiffe der indischen Marine sind im Land selbst entworfen und gebaut worden. Die Spanne reicht von Patrouillenschiffen über Lenkflugkörperfregatten bis zu Zerstörern. Selbst Indiens nuklearbetriebene U-Boote mit ballistischen Raketen wurden im eigenen Land produziert. Man könnte sagen, dass die Marine sich viel besser darin geschlagen hat, einheimisches Militärequipment einzuführen als das Heer oder die Luftwaffe. 

Indien möchte jetzt die Entwicklung solcher einheimischer Waffenplattformen fördern. 

Rahul Bhatia

Das im Sinn, muss man aber auch erwähnen, dass das Heer den einheimischen Panzer Arjun in kleiner Stückzahl betreibt und kurz davor steht, einige einheimisch produzierte Artilleriegeschütze einzuführen. Die Luftwaffe betreibt außerdem den Dhruv, einen heimischen Nutzhubschrauber, so wie die Tejas, das sind in Indien gebaute Kampfjets. 

Was braucht das Land für diese Strategie?
Indien möchte jetzt die Entwicklung solcher einheimischer Waffenplattformen fördern. Nichtsdestotrotz müssen Schlüsselkomponenten immer noch im Ausland zugekauft werden. Zum Beispiel wurden mehrere Schlüsselkomponenten der Vikrant wie die Motoren importiert.

Auch die Tejas nutzen eine amerikanische Turbine, ein israelisches Radar und russische Waffen. Indien wird sich nun darauf konzentrieren müssen, die Fertigkeit zu entwickeln, auch diese Komponenten im Land bauen zu können.

Was tut Indien, um die Entwicklung dieser Waffen zu fördern?
In der jüngeren Vergangenheit hat die indische Regierung das einheimische Design und die einheimische Produktion von Militärequipment forciert.  Seit 2020 verfolgt sie eine neue Politik, die die Beschaffungsvorgaben verändert hat und das Ziel verfolgt, inländische Verteidigungsproduktion und Selbstständigkeit zu erhöhen.

Diese Politik wurde 2022 angepasst. Nun wird gefordert, dass alle Militäranschaffungen aus dem Inland stammen sollen.  Auch hat Indien den Import von bestimmtem Militärequipment verboten, nämlich das, von dem die Regierung glaubt, dass es in Indien hergestellt werden kann. Trotz dieser Maßnahmen peilt Indien nicht an, auf kurze Sicht hier selbstständig zu werden.

Der Fokus liegt stattdessen darauf, sich mit ausländischen Firmen zusammen zu tun, Militärequipment zu produzieren und einen Technologietransfer zu erreichen. Zum Beispiel: Wenn Indien einen Kampfjet von den USA kauft, würde es wollen, dass dieser Jet in Indien produziert wird.

Wird Indien in Zukunft auch Militärequipment exportieren?
Indien exportiert jetzt schon Militärequipment, hauptsächlich in Länder in Süd- und Südost Asien und Afrika. Aber es hatte Probleme mit teuren, großen Produkten wie Schiffen, Kampfjets und Panzern. Indien hat auch kürzlich einen Vertrag über den Export seines einheimischen Raketenwerfersystems, der Pianaka, nach Armenien unterzeichnet. Es macht aber große Anstrengungen, seine einheimischen Kampfjets, die Tejas, an Länder wie Malaysia, Ägypten und Argentinien zu verkaufen. Es bleibt abzuwarten, ob es damit Erfolg haben wird.

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