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Guttenberg

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Bundestagswahl: Hochprozentige Wahlkreisgewinner

Die Wahlkreiskönige der Parteien: Rote Kohlenpottbarone, katholisches Landvolk, Berliner Originale – und der Freiherr.

Berlin - Ja, es gibt sie noch – Sozialdemokraten, die einen Wahlkreis mit wehender Fahne gewinnen können. Die eine echte, absolute Mehrheit der Erststimmen auf sich ziehen können. Der Wahlkreiskönig der SPD heißt Joachim Poß. 54,3 Prozent hat er in Gelsenkirchen geholt, da, wo die Partei stets eine ansehnliche Stammwählerschaft hatte – und noch hat, trotz des Niedergangs der alten Industrien. Auch der Wahlkreisvizekönig der SPD kommt von dort – Gerd Bollmann holte in Herne- Bochum II 51,3 Prozent der Erststimmen. Bei den Zweitstimmen reichte es freilich in beiden Wahlkreisen schon nicht mehr zur absoluten Mehrheit. Die Nummer drei der SPD nach Erststimmen lag schon unter 50 Prozent: Johannes Pflug schaffte in Duisburg II 47,6 Prozent. Poß ist übrigens ein Steinmeier-Mann. Von einem Linksruck will der Finanzpolitiker nichts wissen. Er sieht die SPD weiter als „Partei der linken Mitte“.

Und auch sie gibt es noch: CSU-Politiker, die locker über 60 Prozent kommen. Nun ja, einen noch – den schneidigen Freiherrn aus Franken. Karl-Theodor zu Guttenberg kam im Wahlkreis Kulmbach auf stolze 68,1 Prozent. Das war es dann auch schon. Stephan Meyer krebselte in Altötting mit 60,7 Prozent gerade noch über die einstige Sollstärke gestandener Christsozialer. Die Nummer drei der CSU, Reinhard Brandl, musste in Ingolstadt schon mit 57,2 Prozent zufrieden sein.

Auch die CDU hat noch einen Sechzigprozenter: Franz-Josef Holzenkamp, Bauer und Landvolkfunktionär, holte in Cloppenburg-Vechta 62,3 Prozent, da, wo die katholisch-ländliche Welt noch in Ordnung ist. Die Wahlkreiskönige der CDU stammen übrigens alle aus diesem nordwestlichen Zipfel Deutschlands. Im Wahlkreis Mittelems kam Hermann Kues auf 54,6 Prozent. Und im Wahlkreis Borken II stimmten 54,2 Prozent der Bürger für den CDU-Mann Johannes Röring, auch er katholischer Landwirt. In Baden-Württemberg schaffte nur noch ein CDU-Kandidat den Sprung über die 50-Prozent-Marke, und das noch nicht einmal im einst tiefschwarzen Oberschwaben, sondern im nördlichen Wahlkreis Odenwald-Tauber.

Dafür ist der Südwesten jetzt erst recht die Hochburg der FDP. In mehreren Wahlkreisen kommen die Freidemokraten auf über 20 Prozent der Zweitstimmen und liegen vor der SPD. Das schaffte nicht einmal Parteichef und Spitzenkandidat Guido Westerwelle in Bonn. Erststimmenkönig seiner Partei ist er mit 19,1 Prozent dennoch – weil anderenorts FDP-Wähler stärker zugunsten der Union (oder wie in Freiburg auch der SPD) ihre Stimme splitteten. Zweiter Mann der FDP ist Max Stadler, der in Passau auf 18,9 Prozent kam. Dritter Liberaler nach Erststimmen (und ganz vorn bei den Zweitstimmen) ist der Parlamentarische Geschäftsführer Ernst Burgbacher, der im Wahlkreis Rottweil- Tuttlingen 17,7 Prozent holte.

Das linke Spitzentrio ist bekannt, es gewann mit Direktmandate im Osten Berlins: Petra Pau (47,6 Prozent), Gesine Lötzsch (47,5), Gregor Gysi (44,7). Auch der grüne Topmann kommt aus Berlin: Lokalheld Hans-Christian Ströbele schaffte in Friedrichshain-Kreuzberg 46,8 Prozent. Der grüne Wahlkreisvizekönig ist eine tragische Figur: Parteichef Cem Özdemir kam in Stuttgart I auf 29,9 Prozent, war aber auf der Landesliste nicht abgesichert. Renate Künast holte in Tempelhof-Schöneberg 26,3 Prozent.

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