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Ein Demonstrant durchbricht während der Demo am Samstag die Polizeiabsperrung.

© AFP/Ina Fassbender

„Es gibt zum Glück keine lebensgefährlich Verletzten“: Bündnis „Lützerath lebt“ korrigiert Aussagen

Das Bündnis „Lützerath lebt“ hat seine Aussage zu „lebensgefährlich Verletzten“ korrigiert. Gegen einzelne Polizisten wurde derweil Anzeige erstattet.

Das Bündnis „Lützerath lebt“ hat die Angaben einer Demo-Sanitäterin zu lebensgefährlich verletzten Demonstrierenden auf der Großkundgebung bei Lützerath am vergangenen Samstag neu bewertet. Florian Özcan, Sprecher des Bündnisses, sagte am Montag der „Süddeutschen Zeitung“ (online): „Es gibt zum Glück keine lebensgefährlich Verletzten.“

Es gehe nicht darum, „Sachen schlimmer darzustellen, als sie waren“. Die Demo-Sanitäterin habe ihren subjektiven Eindruck weitergegeben. Zudem habe sie kein gutes diagnostisches Gerät zur Verfügung gehabt.

Die schwerste Verletzung bei der Anti-Kohle-Demonstration am Samstag bei Lützerath ist nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) eine Gehirnerschütterung gewesen. Es habe während der Proteste 14 Transporte in Krankenhäuser gegeben, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf. Fünf dieser Transporte hätten Polizisten betroffen, der Rest seien Demonstranten gewesen. Die meisten der Verletzungen seien Fuß- und Beinverletzungen, Arm- und Handverletzungen sowie Platzwunden gewesen. 

Am Tag nach der Demonstration hatte die Demo-Sanitäterin Iza Hofmann im Zusammenhang mit der Kritik der Aktivisten an Polizeigewalt von mehreren lebensgefährlich verletzten Demonstranten gesprochen.

Diesen Aussagen hatte die Polizei widersprochen und erklärt, von keinem Rettungshubschraubereinsatz zu wissen; neun Aktivisten seien mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht worden. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte angekündigt, den Vorwürfen nachzugehen, und die Aktivisten aufgefordert, die Vorwürfe zu konkretisieren.

Mit dem Abzug der letzten Klimaaktivisten aus Lützerath war die Räumung des Braunkohleorts am Montag beendet worden. In den Tagen zuvor hatte es immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Klimaaktivisten und der Polizei gegeben, insbesondere bei einer größeren Demonstration nahe Lützerath am Samstag.

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Reul zufolge wurden 102 Polizisten verletzt. „Allerdings wurden viele nicht in Auseinandersetzungen verletzt“, stellte Reul in der „Bild“-Zeitung vom Dienstag klar. „Einige Verletzungen rühren schlicht von den örtlichen Gegebenheiten.“ Ein Sprecher hatte am Sonntag gesagt, dass die Verletzungen nur zum Teil auf Gewalt durch Demonstranten zurückgingen. Reul übte zugleich scharfe Kritik an der Klimaaktivistin Luisa Neubauer.

Der Landesinnenminister warnte zudem vor „unbelegten“ Gewaltvorwürfen gegen die Polizei. „Ich bin nicht bereit, diese pauschalen, unbelegten Schilderungen zu akzeptieren, die von Kopfschlägen gegen Demonstranten handeln – diese Vorwürfe muss man belegen“, sagte er.

Strafanzeigen gegen Polizisten wegen „Verdacht der Körperverletzung im Amt“

In den sozialen Netzwerken kursierten Videos, die das harte Vorgehen der Polizei zeigten. In einzelnen Fällen habe man von Amts wegen Strafanzeige gegen Polizisten gestellt, weil sich anhand von Videoaufnahmen der Verdacht der Körperverletzung im Amt ergeben habe, bestätigte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Montag. Dabei handele es sich um übermäßigen oder in der konkreten Situation ungerechtfertigten Schlagstockeinsatz.

Der Aktivistin Neubauer warf Reul vor, sie habe am Samstag die Polizeiabsperrung durchbrochen und sei entgegen den Absprachen zwischen Demonstrationsleitung und Polizei „mit nach vorn marschiert“. „Die Versammlung war woanders, was macht sie da vorn?“, fragte Reul und fügte hinzu: „Sie war bei den Radikalen.“

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Bereits in einem Statement des Bündnisses „Lützerath lebt“ vom Sonntag im Nachgang zu einer Pressekonferenz der Aktivisten hieß es: „Es gab zwei Personen, deren Verletzungen wir präklinisch nach allen medizinischen Standards ärztlicherseits als potenziell lebensbedrohlich einschätzen mussten.“ Mit den im Krankenhaus verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten habe diese Einschätzung neu bewertet werden können.

Demo-Sanitäterin Hofmann hatte am Tag nach der Kundgebung von einer Zahl der Verletzten im „hohen zwei- bis dreistelligen“ Bereich gesprochen und vor allem auf zahlreiche Kopfverletzungen verwiesen.

In seiner Presseerklärung zitierte das Bündnis einen Arzt aus dem Team, der anonym bleiben möchte: „Ich habe mehr als doppelt so viele Schädel-Hirn-Traumata und Thoraxtraumata sowie -prellungen behandelt wie Extremitätenverletzungen.“ Thorax ist der medizinische Fachbegriff für Brustraum, zu den Extremitäten gehören Arme und Beine.

Genaue Angaben wollen die Aktivisten nicht machen, um die betreffenden Verletzten vor Repressalien und einer möglichen Strafverfolgung zu schützen. Das Bündnis appellierte an die Krankenhäuser und Rettungsdienste, die im Strafgesetzbuch „verankerte Schweigepflicht einzuhalten“. (Tsp mit epd/dpa)

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