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Politik: Die neue Unübersichtlichkeit in der Union - Schwebend und verfahren (Kommentar)

"Schwebend" ist wahrscheinlich das richtige Wort für den Zustand, in dem sich die deutschen Christdemokraten zur Zeit befinden. Nach Helmut Kohls Geständnis, das Gesetz gebrochen zu haben, schien die Christdemokratie noch auf halbwegs festem Grund zu stehen.

Von Robert Birnbaum

"Schwebend" ist wahrscheinlich das richtige Wort für den Zustand, in dem sich die deutschen Christdemokraten zur Zeit befinden. Nach Helmut Kohls Geständnis, das Gesetz gebrochen zu haben, schien die Christdemokratie noch auf halbwegs festem Grund zu stehen. Die Aufspaltung in "Kohlianer" und "Aufklärer" bewegte sich noch einigermaßen im Rahmen dessen, was an Fraktionsbildung in einer Partei normal und unvermeidlich ist. Erst Wolfgang Schäubles Eingeständnis, nicht zum rechten Zeitpunkt die volle Wahrheit gesagt zu haben, ließ den Grund schwankend werden. Seither sind die Fraktionen in Unordnung geraten. "Kohlianer" stehen in Treue fest zum neuen wie zum alten Vorsitzenden - getreu dem Motto: War des einen Sünde verzeihlich, muss es des anderen mindere Sünde auch sein. Das Aufklärer-Lager hingegen ist in solche gespalten, die Schäuble stützen, und solche, die ihn getreu ihren Grundsätzen eigentlich stürzen müssten. Andere, allen voran der Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen Jürgen Rüttgers, schweigen erst lange bedeutungsvoll und geben dann ausdeutbare Solidaritätsadressen ab. Derweil schwirrt die Polit-Welt von Gerüchten und Mutmaßungen: Geht Schäuble von selbst? Intrigiert Kohl? Kommt Kurt Biedenkopf? Oder Bernhard Vogel? Oder ...? Das ist das Verheerende an Schäubles Fehler: dass er der CDU die Handlungsfähigkeit genommen und sie zum Spielball jeder dahergelaufenen Welle gemacht hat. Und er kann die Wogen nicht beruhigen. Nicht einmal dadurch, dass er geht.

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