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 Patrick Graichen, damals noch Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, mit Minister Robert Habeck (r., Bündnis 90/Die Grünen).

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Exklusiv

Compliance-Verstoß von Habecks Ex-Staatssekretär: Graichen droht kein Strafverfahren mehr

Patrick Graichen unterschrieb einen Projekt-Antrag für einen Verein, bei dem seine Schwester im Vorstand sitzt. Die Staatsanwaltschaft prüfte einen Untreue-Verdacht – zunächst geheim.

Dem früheren Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Patrick Graichen droht kein Strafverfahren wegen seiner Förder-Entscheidung zugunsten des Umweltverbands BUND. Das teilte die Staatsanwaltschaft Berlin am Donnerstag auf Anfrage des Tagesspiegels mit. Es habe „kein Anfangsverdacht einer Straftat festgestellt“ werden können.

Graichen hatte im vergangenen Jahr eine Vorlage und eine Liste mit drei Projektskizzen für eine sogenannte Aufforderung zur Antragstellung gebilligt, eine Vorstufe für konkrete Förderanträge. Ein Antrag – Fördersumme knapp 600.000 Euro – betraf die Berliner Sektion des Umweltverbands BUND. Dort sitzt seine Schwester Verena Graichen im Vorstand.

Nach einer Prüfung des Vorgangs hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer öffentlichen Erklärung einen Compliance-Verstoß Graichens festgestellt und seinen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Gegen ihn könnte es noch ein Disziplinarverfahren geben.

Eine Antwort auf Ihre Anfrage ist uns versagt.

Die Generalstaatsanwaltschaft am 23. Mai in einer Erklärung gegenüber dem Tagesspiegel zu dem Prüfvorgang

Strafrechtlich wird der Vorgang dagegen keine Folgen für den Energie-Experten haben. Ein Untreue-Verdacht scheidet laut Staatsanwaltschaft aus: Dafür hätten Anhaltspunkte erkennbar sein müssen, dass die beantragte Förderung entweder in der Sache nichts mit dem Förderzweck gemein hat oder die Höhe der beantragten und gebilligten Förderung eklatant von der ausgeschriebenen Fördersumme abweicht. Solche Anhaltspunkte hätten nicht festgestellt werden können.

„Große Gefahr einer öffentlichen Vorverurteilung“

Eine Korruptionsstraftat komme schon deshalb nicht in Betracht, weil „keine Anhaltspunkte für die Gewährung von Vorteilen an einen Amtsträger oder einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten vorliegen“.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Staatsanwaltschaft eine „Auswertung und Prüfung der Presseberichterstattung“ über den Fall vorgenommen, wollte dies jedoch nicht an die Öffentlichkeit bringen. Grund dafür sei „die große Gefahr einer öffentlichen Vorverurteilung“ gewesen. Offiziell hieß es: „Eine Antwort auf Ihre Anfrage ist uns versagt.“

Mit einer vergleichbaren Argumentation hatte die Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls Auskünfte über die – bereits abgeschlossene – Prüfung eines Korruptionsverdachts gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zurückgehalten.

Auch diese Prüfung hatte keinen Anfangsverdacht ergeben. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nun nach einer Tagesspiegel-Klage entschieden, dass Justizbehörden derartige Informationen nicht ohne Weiteres verweigern dürfen.

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