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Al Masri-Entführung: BND-Beamter soll als Zeuge aussagen

Im Fall des von der CIA entführten Deutschlibanesen Khaled al Masri will die Staatsanwaltschaft München einen BND-Beamten als Zeugen anhören. Dieser hatte bereits im Januar 2004 von der Festnahme al Masris erfahren.

Berlin/München - "Wir müssen diesen Beamten befragen", sagte Oberstaatsanwalt August Stern am Donnerstag dem Tagesspiegel. "Wir hatten bisher keine Ahnung, dass ein BND-Beamter schon so früh von dem Fall gewusst hat", betonte Stern. In der Aufklärung der Entführung sei die Staatsanwaltschaft bislang nicht entscheidend weitergekommen, sagte der Oberstaatsanwalt. Die Rechtshilfeersuchen an Mazedonien, Albanien und die USA hätten nur wenige neue Erkenntnisse gebracht. Aus den USA sei sogar bislang überhaupt nichts gekommen, sagte Stern. Nachdem nun bekannt sei, dass ein BND-Beamter frühzeitig von der Verschleppung al Masris erfuhr, werde die Staatsanwaltschaft prüfen, ob sie die Rechtshilfeersuchen durch Nachfragen ergänzt.

BND räumt schwere Informationspanne ein

Der BND hatte heute entgegen früheren Erklärungen mitgeteilt, dass einer seiner Mitarbeiter bereits im Januar 2004 von der Festnahme al Masris erfahren hat. Einem Mitarbeiter "des mittleren Dienstes des BND" sei von einem Unbekannten "beiläufig" berichtet worden, dass "ein deutscher Staatsangehöriger namens al Masri" am Flughafen Skopje festgenommen und den Amerikanern übergeben worden sei.

Bislang hatte der BND erklärt, dass man von der Festnahme al Masris erst im Sommer 2004 nach dessen Rückkehr nach Deutschland erfahren habe. Al Masri soll in Mazedonien angeblich von der CIA entführt worden sein.

"Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" habe der Mitarbeiter die Information nicht weiter gegeben, heißt es in der Mitteilung des BND. Die "Informationspanne" werde nun "gründlich mit allen Beteiligten" aufgearbeitet. Das Bundeskanzleramt sei über den Sachverhalt "unverzüglich" unterrichtet worden.

Das Bundeskanzleramt kündigte ebenfalls an, "die jetzt entdeckte Informationspanne" mit allen Beteiligten aufzuarbeiten. Man habe das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) unverzüglich unterrichtet.

"Wir haben es immer geahnt"

Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele warf dem BND eine Irreführung des Bundestags vor und forderte Einsicht in alle Akten. "Wir haben es immer geahnt, und jetzt bewahrheitet es sich, dass Leute im BND von der Verschleppung al Masris wussten", sagte Ströbele am Rande des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses. "Die Meldung ist für mich Anlass, niemandem mehr zu trauen, sondern alle Akten sehen zu wollen." FDP-Innenexperte Max Stadler kritisierte, dass der Bericht der Bundesregierung sich "in einem bedeutsamen Punkt als falsch" erwiesen habe.

SPD-Obmann Thomas Oppermann bezeichnete es als "bedenklichen Vorgang", wenn ein Mitarbeiter einer deutschen Behörde von dem Fall erfahre, dies aber nicht an die Behördenleitung weitergebe.

Auch der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl kritisierte die Aufklärungsarbeit des BND. "Es ist die Obliegenheit des BND, alle in Frage kommenden Mitarbeiter zu befragen."

Die neue Sachlage soll auch Thema im BND-Untersuchungsausschuss werden. Der Beamte, der über die Veschleppung informiert war, soll am 29. Juni vor dem Ausschuss als Zeuge gehört werden, teilten Teilnehmer der Ausschusssitzung am Donnerstag mit. (Tsp/tso/ddp/dpa)

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