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© dpa

Hessen: Bedächtige Elefantenrunde

In Hessen präsentieren sich alle Spitzenkandidaten gemeinsam – und geraten nur selten aneinander.

Die Gemengelage in Hessen ist zehn Tage vor der Landtagsneuwahl klar. Der geschäftsführende Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende Roland Koch und FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn wollen am 18. Januar ihre politische Zukunft sichern. Patzt einer, wie Koch vor Jahresfrist, wird es für beide eng.

Am frühen Mittwochmorgen verzögert Koch am Eingang des „Medienraums“ im neuen Landtagsgebäude bewusst seinen Auftritt auf der Landespressekonferenz, wo sich die Spitzenkandidaten aller im Landtag vertretenen Parteien präsentieren. „Ich wollte doch nicht ohne dich nach vorne gehen“, flüstert er seinem liberalen Wunschpartner Hahn zu, der verspätet eintrifft. Ein Fernsehduell mit dem 39-jährigen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel hatte Koch abgelehnt, aus Rücksicht auf die FDP.

Sollte es für CDU und FDP auch diesmal nicht reichen, würde Koch wohl den Weg für eine große Koalition freimachen müssen. Ein Jamaikabündnis aus CDU, FDP und Grünen, für das Koch und Hahn zuletzt so heftig geworben hatten, hält Koch jedenfalls nicht mehr für wahrscheinlich. Die „Zerstörung der Infrastruktur“, die die Grünen der SPD im rot-grünen Koalitionsvertrag abgehandelt hätten, sei mit der CDU nicht zu machen, sagte Koch am Mittwoch.

Durch den verpatzten Regierungswechsel habe Koch einen Elfmeter geschenkt bekommen, findet der Grünen-Spitzenmann Tarek Al-Wazir. Wenn Koch den jetzt allerdings verschieße, werde wohl auch die Trainerbank der CDU ins Nachdenken geraten, ob er der richtige Elfmeterschütze sei.

Abgesehen von solchen Kabbeleien geht es ungewöhnlich freundlich zu bei der bislang einzigen öffentlichen Elefantenrunde der hessischen Politik. Koch gibt sich ungewohnt bescheiden. Die Landtagswahl vom 27. Januar 2008, bei der er Verluste von zwölf Prozent eingefahren hatte, nennt er eine „schwere“ Niederlage. Trotz der derzeit guten Prognosen der Meinungsforscher sei er keinesfalls übermütig, versichert er. Vor einem Jahr war das anders: Koch hatte damals im Schlussspurt des Wahlkampfs selbstbewusst und angriffslustig gezündelt, als er öffentlich „zu viele kriminelle ausländische Jugendliche“ beklagt und sich damit den Vorwurf einer ausländerfeindlichen Kampgne zugezogen hatte.

Koch setzt in der Krise auf seine Wirtschaftskompetenz und auf die Stabilität von CDU und FDP. Die SPD stehe für Wortbruch und bereite eine Neuauflage des rot-rot-grünen Bündnisses vor, sagt er. FDP-Chef Hahn widerspricht dem gemeinsamen Ministerpräsidentenkandidaten nur im Detail: Steuererleichterungen seien sinnvoller als staatliche Konjunkturprogramme, Bauinvestitionsprogramme nennt Hahn „heiße Luft“.

Den Vorwurf, er wolle die schwarzen lediglich durch gelbe Minister ersetzen, ohne den Kurs der CDU-Regierung zu korrigieren, weist Hahn energisch zurück. Doch genau so sehen SPD, Grüne und Linke Hessens Zukunft, wenn Koch und Hahn Erfolg haben sollten. Nach zehn Jahren CDU-Schulpolitik sei das Land im nationalen Vergleich nicht vorn, sondern bestenfalls Mittelmaß, so der Grüne Al-Wazir. Das gelte auch für die wirtschaftliche Entwicklung, ergänzt SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel: Koch lasse sich zwar von den Werbeagenturen das Image weichspülen, gehöre als der Hohepriester der Deregulierung jedoch zu den Schuldigen der Finanzkrise. Da kann sogar Linken-Spitzenkandidat Willi van Ooyen dem neuen Hoffnungsträger der SPD zustimmen.

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