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 Baustelle der Europäischen-Gaspipeline nahe Strausberg in Brandenburg.

© imago images/Winfried Rothermel

Schutz von Pipelines und Infrastruktur: Die Explosionen in der Ostsee haben allen die Augen geöffnet

Die Polizei kann tausende Kilometer Leitungen kaum schützen - dafür ist mehr internationale IT-Zusammenarbeit nötig

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Pipelines sind Lebensadern. Millionen Kilometer an Leitungen für Öl, Gas und Wasser versorgen Unternehmen wie einzelne Menschen. Sie versorgen uns unterirdisch, durch Städte, Länder, Kontinente. Und wer eine Website öffnet, erhält Datenpakete in Sekundenbruchteilen durchs Meer.

Anfang 2020 waren weltweit rund 406 Seekabel mit 1,2 Millionen Kilometern Länge in Betrieb. Heute sind es noch mehr. 98 Prozent des internationalen Internetverkehrs werden nach Google- Schätzungen über Unterseekabel abgewickelt. Alles das wirkt jetzt, seit den Lecks an den Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2, von Sabotage bedroht.

200 Milliarden für den Schutz von Infrastruktur

Deshalb die markigen Ansage von Militärs der westlichen Staaten, dass sie die Sicherheit für Pipelines, Netze und Systeme robust zu schützen wüssten. Oder die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dass in den kommenden zehn Jahren 20 Milliarden Euro dafür eingesetzt würden: um Kräfte zu bündeln und Schutzmaßnahmen hochzufahren. Das ist der Plan.

Aber Schutz gegen wen genau, und wie viel wird möglich sein? Auch deshalb muss herausgefunden werden, wer für die Sabotage an den Ostseepipelines verantwortlich ist. Eine Guerilla? Oder Russland? Oder, wie in sozialen Netzwerken auch gemutmaßt wird, die USA?

Sie würden dann nach der russischen Mobilmachung und der erneuten nuklearen Drohung eine Warnung an den Kreml schicken: Wir gehen an die Lebensadern eurer Wirtschaft. Und die lange kritisierten Nord-Stream-Pipelines wären auch noch ein für allemal unbrauchbar. Nein, viel spricht für die Russen, sagen die Geheimdienste. Aber die Aufklärung der Dänen, Schweden, Deutschen, anderen, mit Geheimdiensten und der Marine, braucht noch Zeit.

Doch selbst wenn die Bundespolizei mit allen Kräften auf See ist – das reicht nicht.

Stephan-Andreas Casdorff

Faeser und ihre Möglichkeiten: Sie will für Sicherheitsbehörden Befugnisse zur Gefahrenabwehr schaffen, die über bloße Aufklärung hinausgehen. Doch selbst wenn die Bundespolizei mit allen Kräften auf See ist – das reicht nicht. Die Verwundbarkeit lässt sich in Kilometern zählen.

Wahrscheinlich ist daher, dass Nato-Staaten demnächst noch stärker gemeinsam auf IT-Infrastrukturen einwirken, counterstrikemäßig sozusagen, um schwerwiegende Angriffe – Cyber und andere – auf die allgemeine Infrastruktur zumindest abzuschwächen.

Gezielte Angriffe gegen den Energiesektor werden mehr. Angriffe auf „neuralgische Knotenpunkte“ wie Stationen für Gas oder Strom können große Schäden anrichten. Sind die auch schon ziemlich gut geschützt – Pipelines oder Stromleitungen mit Tausenden Kilometern Länge sind es weniger. Die Sabotage an Nord Stream 1 und 2 hat dafür allen weltweit die Augen geöffnet. Vielleicht ja gerade noch rechtzeitig.

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