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Meinung: Ein letzter Öffentlicher Dienst

Wie die Gewerkschaften ganz alleine Berlin retten können

Von Lorenz Maroldt

Ab und zu hat sogar der Senat mal Glück. Als die PDS-Abgeordnete Esther Schröder erfuhr, dass sie zwar gut bezahlte Staatssekretärin beim Wirtschaftssenator werden könnte, aber erst in zwei Jahren zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt würde, sagte sie ab. Besser konnte die Dame nicht zeigen, wie fehl am Platz sie mit ihrem Vollversorgungsdenken wäre. Esther Schröder, eine Frau von gestern, ist der Stadt, die dringend so vieles anders machen muss, also gerade noch einmal erspart geblieben.

Ansonsten hat der Senat, neben einigem Unvermögen, leider nur Pech. Der Bund, auf den man als rot-grün-verständnisvoll strahlenden Retter hoffte, scheint ja nun selbst pleite zu sein. Die Frage ist nicht mehr, wie viel die Regierung herausrückt, sondern ob sie, falls das Verfassungsgericht sie irgendwann dazu zwingt, überhaupt noch etwas übrig hat für ihre Hauptstadt.

Also muss der Senat den Öffentlichen Dienst verkleinern, eine andere Chance gibt es nicht mehr. Doch wen trifft der Senat, wenn er, wie gestern, darüber zu Verhandlungen anrückt? Lauter Esther Schröders! Und tatsächlich: Die ganze Stadt ist voll davon, und Zehntausende von ihnen werden nicht mehr gebraucht. Nur dass diese hier nicht im Traum daran denken, freiwillig das Feld zu räumen. So ein Pech.

Es ist ja tatsächlich nicht leicht, jemanden davon zu überzeugen, sich selbst abzuschaffen, zumal dann, wenn er eine Überlebensgarantie hat. Das Problem in Berlin ist allerdings, dass die Überlebensgarantie der einen den sicheren Tod der anderen bedeutet. All die bösen Dinge, die auf Giftlisten stehen – geschlossene Zoos, verwaiste Kitas, Opernruinen – drohen der Stadt nicht in erster Linie wegen angeblicher Amokläufe eines skrupellosen Banausensenats, sondern: weil sich die Verwaltung wie ein Riesenkrake auf die Stadt gelegt hat, sie aussaugt, erstickt, am Fortkommen hindert. Kein Sparopfer ist sinnvoll, wenn hier weitere Milliarden verfüttert werden. Aber wenn das so bleibt, kann der schwache Senat nicht anders, als Zoos zu schließen, Opern – und vielleicht sogar Unis.

Es ist ein Meisterwerk gewerkschaftlicher Schauspielkunst, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Wenn die Bediensteten des Öffentlichen Dienstes unter der fürsorglichen Betreuung ihrer angeblichen Interessenvertreter auf die Straße ziehen, um gegen sozialen Kahlschlag zu demonstrieren, marschieren sie gegen sich selbst. Sie merken es nur nicht, oder es ist ihnen egal.

Und all die anderen – die Bürger der Stadt? Sie ärgern sich auf Ämtern, warten ewig, lassen sich abfertigen, irreleiten, von Vorschriften in den Wahnsinn treiben. Hoffentlich nicht mehr lange. Denn hier wird sich erst etwas ändern, wenn die Wut diejenigen trifft, die Berlins Zukunft zwischen ihren Aktendeckeln begraben – die Esther Schröders sollen wissen, was wir davon halten.

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