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POSITIONEN: Das Blutvergießen muss aufhören!

Für den Nahostkonflikt gibt es nur eine politische Lösung

Alle Bemühungen um einen Waffenstillstand für den Gazastreifen verdienen jede denkbare Unterstützung. Das gilt für die der EU, für die der Präsidenten von Frankreich und Ägypten und für die Reise von Außenminister Steinmeier. Wohlfeil, aber deshalb nicht richtig ist die Kritik an der Vielfalt der Aktivitäten. Die Kritik im Falle von Untätigkeit wäre berechtigter. An den Gesprächen in Kairo ist die Hamas beteiligt – in welcher Form immer das geschehen mag. Das entspricht den Realitäten. Es wird auch bei anderen Bemühungen notwendig sein. Das Blutvergießen muss aufhören!

Zur Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland gehört das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels. Diese Verantwortung hat ihre historische und moralische Begründung. Sie ist unumstößlich. Von diesem Ausgangspunkt gestalten wir unsere Nahostpolitik. Die Stabilität unserer Nachbarregion im Osten des Mittelmeers ist, aus der Mittelmeerpolitik der Union folgend, Teil europäischer Verantwortungspolitik.

Ein schneller und tragfähiger Waffenstillstand wird eher erreichbar sein, wenn man den Kern des Konflikts im Auge behält. Das Kernproblem für Frieden und Stabilität in der nahöstlichen Region ist der nach Jahrzehnten noch immer ungelöste palästinensisch israelische Konflikt. Je mehr Zeit vergeht, umso schwerer wird es, eine umfassende Lösung zu erreichen. Das Ziel der Zwei-Staaten-Lösung ist richtig. Der neue US- Präsident ist dabei genauso gefordert wie die anderen Akteure mit Gewicht in der nahöstlichen Region, aber auch das sogenannte Nahostquartett, also UN, EU, USA und Russland. Eine mit einem Waffenstillstandsabkommen verbundene reale Verhandlungsperspektive für die Schaffung eines selbstständigen und lebens fähigen Palästinenserstaates wäre ein wichtiges Signal.

Die UN und ihnen vorausgehend die EU haben seit langem den Lösungsrahmen und die Lösungselemente definiert: Es geht um die Anerkennung des Existenzrechts Israels durch alle Beteiligten, es geht um die Schaffung eines lebensfähigen Palästinenserstaates in den von UN und EU anerkannten Grenzen, es geht um die Verständigung über den Status von Jerusalem und um die Behandlung der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten.

Das Ziel muss die Einbettung der Lösung in ein umfassendes Konzept für die Region sein, KSZE/OSZE könnten ein Vorbild sein. Notwendig ist auch eine Verständigung zwischen Israel und Syrien über die Rückgabe der Golanhöhen. Eine umfassende Lösung wirkt der Gefahr entgegen, dass der palästinensisch-israelische Konflikt als Geisel genommen werden kann für andere Interessen in der Region.

Man täusche sich nicht: Das weitere Hinausschieben einer Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts wird mehr und mehr zu einer Gefahr für die Stabilität in der Region und für die innere Stabilität verständigungs bereiter Staaten. Es gibt für diesen Konflikt keine militärische, sondern nur eine politische Lösung, die durch eine kooperative international garantierte Sicherheitsarchitektur flankiert werden muss.

Man bedenke, dass die EU wesentliche Elemente für eine solche umfassende Lösung frühzeitig in der Erklärung des Europäischen Rates von Venedig vom 13. Juni 1980 definiert hat.

Natürlich ist die internationale Diskussion und Meinungsbildung weitergegangen. Die Einrichtung des Nahostquartetts zeugt davon. Aber die Grundelemente bestehen fort. Voraussetzung für einen Erfolg jeder Bemühung ist die Schaffung von Vertrauen auf allen Seiten. Eine Verständigung über einen Waffenstillstand und im guten Geist geführte Verhandlungen über eine umfassende Lösung können ein Beitrag dazu sein. Wichtig ist es, die konstruktiven Akteure auf allen Seiten zu stärken. Nur der Erfolg dieser Kräfte auf allen Seiten wird denjenigen den Boden entziehen, die Verständigung überhaupt nicht oder die sie weiter hinausschieben wollen.

Der Autor war von 1974 bis 1992 Bundesaußenminister.

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