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Monika Döring in ihrem Ex-Club Loft bei einem Konzert von Amon Düül II.

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Zum Tod von Monika Döring: Die Königin des Berliner Nachtlebens

Bei ihr spielten Björk, die Einstürzenden Neubauten und Nick Cave schon, als sie noch kaum einer kannte: Als Betreiberin des Loft wurde Monika Döring legendär. Nun ist sie mit 87 Jahren gestorben.

Mit ihrer hochgesprayten platinblonden Ananasfrisur, den schwarz überschminkten Augenbrauen und bunt lackierten Fingernägeln war Monika Döring eine schillernde Erscheinung im Berliner Nachtleben: halb Punkerin und halb Operndiva. Die legendäre Konzertveranstalterin, Jahrgang 1937, entstammte einer bildungsbürgerlichen Künstlerfamilie und war mit klassischer Musik aufgewachsen. Ihre Großmutter betrieb eine Musikalienhandlung, Vater und Schwester sangen an der Oper, und Tante und Onkel waren Kunstmaler.

Döring begeisterte sich früh für Freejazz, versuchte sich als Schauspielerin und gründete 1977 mit Mistreitern wie dem späteren Kabarettisten Holger Klotzbach das Schwarze Café an der Berliner Kantstraße, das dort bis heute dem Existenzialismus huldigt. Es waren bewegte Zeiten in der eingemauerten Halbstadt, und immer, wo es spannend wurde, war Döring mittendrin.

Sie gehörte 1978 zu den Initiatorinnen des Tunix-Kongresses an der Technischen Universität, der dem Kapitalismus mit den Mitteln des Faulseins trotzen wollte und als Geburtsstunde der Alternativbewegung gilt. Im Zirkuszelt des Tempodroms, das die ehemalige Krankenschwester Irene Moessinger von ihrem Erbe erworben und am Tiergarten platziert hatte, veranstaltete sie das Festival „Monster, Mythen, Mutationen“, einen Vorläufer des Atonal-Festivals.

Mehr als für Politik interessierte sich Monika Döring aber für Musik, speziell für solche, die noch nicht in den Charts vorkam, innovativ klang und ihrer Zeit voraus war. Im Punk erkannte sie die Fortsetzung des Freejazz mit anderen Mitteln: den Sound einer Befreiung.

Ich bin ständig auf der Jagd nach neuen Impulsen, eine Glücksjägerin aus Leidenschaft.

Monika Döring

Ab 1981 holte sie Bands und Musiker wie Blurt, Adrian Sherwood, Neneh Cherry oder Caspar Brötzmann zu Konzerten in die Music Hall in der Music Hall an der Steglitzer Rheinstraße. „Dort ist man hingefahren, zum Walther-Schreiber-Platz, mit der U-Bahn, da spielten dann drei Bands für fünf Mark. Das war natürlich auch bizarr“, erinnerte sich Sven Regener, später im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Endgültig zur Veranstalterlegende steigt Monika Döring auf, als sie 1983 das Loft gründet, einen gerade einmal 600 Besucher fassenden Musikklub über dem ehemaligen Metropol-Theater am Nollendorfplatz. Dazu gehört auch die gleichnamige Konzertagentur, die sich auf Postpunk-, Avantgarde- und Independent-Acts konzentriert.

500 Konzerte in sechs Jahren

Viele Bands und Musiker, die später große Hallen füllen, absolvieren dort ihre ersten Berliner Auftritte, darunter Björk, Sonic Youth, Nick Cave, The Pogues und The Fall, aber auch frühe Hip-Hop-Größen wie Public Enemy oder LL Cool J. Die Einstürzenden Neubauten sind zehn Mal bei von Döring veranstalteten Konzerten aufgetreten.

„Das war schon der aufregendste und beglückendste Teil meines Lebens“, bilanzierte Döring in einem Interview mit der „taz“. Sie habe ihre Begeisterung für diese „unverbrauchte Energie, gegen alle Normen“ teilen wollen, ein größtmögliches „Sharing“ zu kleinem Eintritt. 800 Bands aus 19 Ländern schleuste sie in 500 Konzerten durch den kleinen Laden.

Die internationalen Stars kamen auch deshalb gerne wieder, weil sie sich bei Döring verwöhnt fühlten. Die Aftershow-Partys im Backstage-Bereich wurden oft noch in ihrer Privatwohnung fortgesetzt. Als sie „keine Gitarren mehr hören“ konnte, übergab Döring 1988 die Geschäfte an zwei Nachfolger.

Einige Jahre hat Monika Döring danach in San Francisco verbracht und viele Winter in Goa,wo sie sich für die dortige Psy-Trance-Musik begeisterte. „Ich habe darüber nachgedacht, warum ich so alt geworden bin“, erzählte sie zu ihrem 80. Geburtstag. „Es sind die Glücksmomente. Glück durch Entdeckungen. Ich bin ständig auf der Jagd nach neuen Impulsen, eine Glücksjägerin aus Leidenschaft.“ Am Donnerstag ist Döring in Berlin gestorben. Sie wurde 87 Jahre alt.

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